Über ein Dutzend Weihnachtslieder – nicht rührselig und verkitscht, sondern recht kratzbürstig und amüsant. Dies bescherte einem aufmerksam lauschenden Publikum in der Haller Hospitalkirche die internationale Band „Das Kapital“.
Es begab sich aber zu der Zeit, als die Tonträger noch auf Vinyl gepresst wurden, dass es eigentlich nur Oldtime-Bands wagten, wohlige Weihnachtslieder swingend zu vermarkten. Mittlerweile intonieren moderne Jazzer gleichfalls global gängige Xmas-Songs. Auch „Das Kapital“ möchte damit Kasse machen – nicht das Buch von Karl Marx, vielmehr die gleichnamige Band des Saxophonisten Daniel Erdmann. Anstatt umgemodelter Musik von Hanns Eisler jetzt also mehr oder weniger klerikale Jahresendzeitklänge der hochkünstlerischen Art.
Hasse Poulson, der seine altehrwürdige Korpusgitarre mit einem zeitgemäßen Tonabnehmersystem versehen hat, präsentierte aus seiner dänischen Heimat „Juletraeet med sin pynt“ und zitierte dabei frivol etwas „I Can’t Get No Satisifaction“ der Rolling Stones. Daniel Erdmann freilich war mit seinem von John Coltrane inspirierten Sopransax der Hauptsolist bei dem choralhaften Schlager über den geschmückten Christbaum.
Ansonsten blies Erdmann überwiegend Tenor und intonierte international bekanntere Weisen. Die walzerselige „Stille Nacht“ wurde da rotzig-rockig in den Viervierteltakt transformiert, das in Australien so erfolglos geträllerte „White Christmas“ musste sich eine schräg-dissonante Verhöhnung gefallen lassen. Und „Jingle Bells“ überraschte als eine Paradenummer für den aus Frankreich stammenden Schlagwerker Edward Perraud, der zur teils geruhsamen Schlittenfahrt nicht Klingelglöckchen, sondern eine tibetanische Klangschale und anderes Metall subtil traktierte.
Insgesamt über ein Dutzend „Weihnachtslieder“, darunter auch das traurige Liebeslied „Last Christmas“, welches ja Dank der gleichnamigen Zeitangabe irrtümlicherweise als weihnachtlich gehandelt wird und so über die Maßen kommerziell erfolgreich ist. „Das Kapital“, das inzwischen zwölf Jahre auf dem Band-Buckel hat, hielt sich bei seiner rein instrumentalen Interpretation ziemlich eng an die melodisch-harmonische Vorlage der Gruppe „Wham!“. Bluesig und rhythmisch akzentuiert kamen „Hark! The Herald Angels“ angeflogen, bei Georg Friedrich Händels Hymnus „Joy to the World , the Lord is come!” respektive „Freue dich Welt, dein König naht“ wurden intensiv die ersten vier Takte wiederholt und variiert.
Als eine in der kalten Winternacht heiß erklatschte Zugabe erfolgte schließlich die „Internationale“ mit der markanten Refrainzeile „Völker, hört die Signale!“ und danach mit fließendem Übergang Hanns Eislers „An den deutschen Mond“ im brasilianischen Samba-Sound.
Jedenfalls keine Langeweile im Advent. Die gemeinsamen Veranstalter Kulturbüro und Jazzclub hatten den richtigen Riecher – Quempas mal ganz anders.