In der gut besuchten Hospitalkirche von Schwäbisch Hall ließ Landesjazzpreisträger Alexander Bühl mit seinem Sextett vertraute Songs von George Gershwin (1898 – 1937) in neuem Gewand erklingen. Nicht jeder im Saale erkannte sofort die Ursprungsmelodien.
Schwäbisch Hall. Egal welche musikalische Stilrichtung: George Gershwins „Summertime“ wird seit jeher gerne „gecovert“. Doch dieses populäre Wiegenlied des amerikanischen Komponisten ist auf Alexander Bühls CD „All About Gershwin“ nicht enthalten – dafür aber andere Songs aus dessen in Charleston (South Carolina) handelnden Oper „Porgy & Bess“. So das hämisch-zynische „It ain’t necessarily so“ oder das innig-wohlige (aber grammatisch nicht korrrekte) „I loves you Porgy“.
In seinen kniffligen Arrangements hat der 1986 geborene Alexander Bühl, Sohn des seinerzeit durch die Frédéric Rabold Crew bekannt gewordenen Keyboarders Uli Bühl, elf Gershwin-Songs einen ganz eigenen Stempel aufgedrückt: Traditionelles mit
aktueller Aussage samt zeitgenössischer Raffinesse. Aufgekratzter Oldtime und avantgardistische Nuancen gehen eine Symbiose ein und stören einander nicht.
Und auch als drahtiger Tenorist lässt der 33-Jährige aufhorchen. So wurde dem Stuttgarter 2018 der baden-württembergische Jazzpreis zuerkannt. „Der Saxophonist und Komponist Alexander Bühl ist ein Musiker, der in vielfältigen Formationen arbeitet. In kleinen Besetzungen sowie in Big-Bands gelingt es dem Saxophonisten, durch packende Improvisationen und durch interessante, spannende Kompositionen das Publikum und die Fachwelt zu begeistern“, verkündete damals die Jury unter der Leitung des emeritierten Professors Bernd Konrad, in dessen Landesjugendjazzorchester „Alex“ einst spielte und der höchstselbst am 23. März beim 13. Jazz-Art-Festival in Hall auftreten wird.
Bei den beiden Titeln „I got Rhythm“ und dem teilweise zwischen Vierer- und Dreiertakt wechselnden „Fascinating Rhythm“ konnte der reguläre Drummer Julian Fau (Nürnberg) mit Filz-Schlägeln und Holz-Sticks ohne jede Show-Mätzchen ordentlich zuschlagen. Kurzfristig stieß Kontrabassist Jens Loh (ihn erlebte man bei der Haller „Jazztime“-Reihe bereits in den Gruppen von Sandi Kuhn und Barbara Bürkle) zur Band und integrierte sich wunderbar – bei „´S Wonderful“ bewährte sich Loh beherzt streichend und zupfend gar als Themen-Präsentator.
Ansonsten sorgten in harmonisch reizvollem Zusammenklang und oft kontrapunktierenden Linien zumeist die drei Bläser für die Vorstellung des melodischen Ausgangsmaterials. Der Ulmer Posaunist Lukas Jochner ersetzte nunmehr den australischen Tiefblechtöner Tim Hepburn und blies in der hohen Lage butterweich und „growlte“ mit rotem Gummidämpfer nach Arrangement-Vorschrift knorrig. Furios und fulminant schmetterte der Wiener Simon Plötzeneder zungenfertig auf seiner Trompete und agierte naturgemäß weicher mit seinem Flügelhorn. Nicht nur beim Lied „But not for Me“ durfte sich der Kölner Pianist Constantin Krahmer agogisch an dem ortsgebundenen Steinway-Flügel erfreuen – in gewohnten Jazzlokalitäten stehen meist nicht so hochwertige Instrumente zur Verfügung.
Alexander Bühl, der in seinen Combo-Arrangements oft an den progressiven Jazz eines „bigbandigen“ Stan Kenton gemahnte, orientierte sich im Swing-Metier improvisatorisch an den legendären Tenorsaxophonisten Lester Young und Coleman Hawkins. Eine zweite Zugabe erhielt das beharrlich klatschende Publikum in Hall nicht – auch nicht „Summertime“. Die weit über hundert Besucher der von Jazzclub und Kulturbüro bewerkstelligten Veranstaltung konnten sich aber die auf einem Silberling verewigte Musik beschaffen, falls sie ein klingendes Erinnerungsstück mit nach Hause nehmen wollten.