Weihnachtskonzert der Big Band Schwäbisch Hall

Früher war die kleine schmucke Hospitalkirche immer viel zu klein für das traditionelle Weihnachtskonzert der Haller Big Band.

So ist man heuer vom barocken Ambiente in den stattlichen Neubausaal umgezogen, doch dieser konnte am 4. Advent nun auch kaum die Besuchermassen bewältigen. Einen derart riesigen Publikumsandrang konnte im zu Ende gehenden Jahr keine andere Jazzveranstaltung in Schwäbisch Hall verzeichnen.

Viele etwas später gekommene Interessierte saßen relativ gemütlich auf dem Boden oder standen geduldig an den Seitenwänden. Ein grandioses generationenübergreifendes Familienfest bei freiem Eintritt. Doch in den Spendenkörbchen (und zu Büchsen umfunktionierten Dämpfern der Blechbläser) sammelten sich nach dem feierlichen Finale – als zweite Zugabe musste wieder der ABBA-Hit „Thank You For The Music“ im Arrangement von Thorsten Maaß herhalten –  unzählige Euro-Scheine.

Musik-Qualität und Besucher-Quantität auf hohem Niveau

Gegenüber dem Event „A Night Before Christmas“ im letzten Jahr wurden total andere Stücke geboten. Allerdings: Stand 2017 die „Big Band Christmas II“ mit der zentralen Nummer „Santa Claus Is Coming To Town“ auf dem Programm, so wurde jetzt die erste Ausgabe von Carl Strommen bearbeiteten Weihnachtsliedern für Jazz-Orchester präsentiert. Nach der vergnüglichen Schlittenfahrt von „Jingle Bells“ erklang (wie genau eine Woche zuvor vom Stadtorchester an gleichem Ort und Stelle) der Choral „O Come All Ye Faithful“ („Adeste Fidelis“); die morgenländischen „We Three Kings“ näherten sich der Krippe im wienerischen Walzertakt, und schlussendlich kam der in Deutschland nicht so bekannte Kinderreim „The Twelve Days Of Christmas“ zum Zuge.

Begonnen hatte der knapp zweistündige Konzertabend überaus pompös mit „Also sprach Zarathustra“ nach Richard Strauß – der Brasilianer Eumir Deodato machte ihn 1971 mit viel „Funk“ zum globalen Hit. Nun entfachte Hendrik Küfner am Drumset ein rasant-rhythmisches Feuerwerk. Stanley McKee lieferte auf seiner Gitarre ein knackiges Solo ab, und auch Hansi Speidel, der später noch den klassisch-konventionellen Kontrabass bediente, sorgte auf seinem fünfsaitigen E-Bass für das rockige Element. Einfühlsam und prägnant agierte am Keyboard durchweg gleichfalls Matthias Egner, übrigens mit Kopfhörern an den Ohren. Und die drei Bläsersätze hatten sichtlich und hörbar ihre Freude an dem furiosen Treiben.

Als veritable Improvisationssolisten an der linken Bühnenrampe stachen fortwährend besonders die Saxophonisten Achim Lutz, Stefan Scheuermann und Fabio Kronmüller sowie der Posaunist Sebastian Klenk und der Trompeter Hannes Bolsinger hervor. Solistische Individualität gepaart mit Gruppengeist – dies macht eben gutes Jazzmusizieren aus.

Als Gastsolistin wurde erneut die Vokalistin Tansy Davis verpflichtet. Die mittlerweile in Weinsberg beheimatete Soul-Spezialistin und Gesangspädagogin amerikanischer Provenienz interpretierte zunächst weltliche Highlights (wie das forsche „Bei Mir Bist Du Schoen“ von den Andrews Sisters mit dem Glenn Miller Orchestra und kraftvoll-leidenschaftlich das von Alicia Keys popularisierte „If I Ain’t Got You“), um dann Winterweihnachtswunderliches zu besingen. Fehlen durfte da nicht der 1945 entstandene „The Christmas Song“ (Mel Tormé/Nat King Cole), „Let It Snow“ und „Have Yourself A Merry Little Christmas“ im Arrangement von Dave Wolpe.

So richtig ins Ohr und in die Füße war zuvor ein Medley von „Riverdance” gegangen. Komplexe irische Tanzrhythmen (im wechselnden Sechsachtel- und Siebenachtel-Takt), fulminant ausgeführt von den gewieften Instrumentalisten der Big Band. Ansonsten wurde noch genussvoll dem breiten Count-Basie-Swing-Sound quasi gassenhauerisch gehuldigt, so bei „Ya Gotta Try …Harder“ von Sammy Nestico und „Switch in Time“ vom gleichen Arrangeur.

Als interessanten Kontrast hierzu hatte Dirigent Tobias Scheibeck, der mitunter auch als Posaunensolist glänzte, den Genesis-Titel „Los Endos Suite“ ausgewählt. Im Sinne vom eigentlichen Drummer Phil Collins gab es bei dem effektvollen Arrangement von Harry Kim viele Grooves und heftige Trommelwirbel, aber auch Choralhaftes.

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Text und Fotografie von Hans KumpfKumpfs Kolumnen

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