Die Musik des Quintetts um den Kölner Bassisten Robert Landfermann mit dem Tenoristen Sebastian Gille, dem Altsaxophonisten Christian Weidner, dem Pianisten Elias Stemeseder sowie dem Amerikaner Jim Black am Schlagzeug ist stets ernergiegeladen und kraftvoll. Beim Konzert in der Rüsselsheimer Jazzfabrik präsentierten die fünf gleichberechtigten Musiker im homogenen Gruppensound vor allem Landfermanns Kompositionen aus der CD „Night will fall“ – für die Besucher ein vielschichtiges und elektrisierendes Klangerlebnis von kollektiver Intensität.
Mit der Reihe „zeitgenössischer Jazz in Deutschland“ wolle er junge und talentierte Künstler vorstellen, die tonangebend hervorstechen, erläuterte vor dem Konzert der künstlerische Leiter der Rüsselsheimer Jazzfabrik, Stephan Dudek. Robert Landfermann hat als begehrter Begleiter unter anderem im Pablo Held Trio oder Sebastian Sternals Symphonic Project sowie als Leiter seiner eigenen Formation diese Voraussetzungen erfüllt.
Die Kraft der Melodie, Emotionen und Improvisationslust öffnen die Sinne und Ohren der Zuhörer für ein ausdruckstarkes, lautes und zugleich feinfühliges Spiel. „Melodie, Improvisation und Emotion“ halte er für die drei essentielle Elemente der Musik, betont Landfermann im Gespräch. Die Spieler sollen sich in die Musik fallen lassen, um so Emotionen auch beim Publikum zu wecken. So entstehen tiefgehende Interaktionen über die Grenzen von Neuer Musik, Folk-Elementen und Free-Jazz-Radikalität in Symbiose mit atmosphärischer Klangästhetik.
Diese zumeist wilde Musik lebt von inneren Spannungen und Kontrasten. Getragene Linien auf dem wendigen und impulssicheren Kontrabass sowie hingetupfte Single-Notes auf dem Flügel stehen neben den expressiven, mit Obertönen reichen Interaktionen und klingenden Luftsäulen auf dem Alt- sowie Tenorsaxophon. Ein durchgehender Beat fehlt und dennoch swingt das Spiel des Quintetts.
Und immer treibend, pulsierend drängt das Schlagzeug mit der tief gestimmten Bass-Trommel und den teils mit dem Bogen gestrichenen Becken. Zwischendurch tauchen sogar eingebettet in Unterarm-Cluster einige Romantizismen auf. Doch immer schwingt im Hintergrund Robert Landfermanns „Feingefühl auf den dicken Saiten“.
Das Tenorsaxophon Gilles schreit in den hohen Lagen auf, das Altsaxophon Weidners antwortet im mehrstimmigen Duo, Pianist Stemeseder ergänzt mit sperrigen Läufen und wuchtigen Akkordschichtungen, während Black mit frei pulsierendem und komplexem Spiel auf Fellen und Becken einen immanenten Rhythmus beisteuert. Landfermann streicht den Bass mit reizvollen Harmonien oder reibt manchmal den hölzernen Korpus mit der rechten Hand.
“Krach“ beginnt mit dem vollen Sound der Bläser, die in „Randnotiz“ Spannung mit Ostinati aufbauen. “Berg“ gleicht in der treibenden Intro mit Bass und Drums einer Explosion. Percussiv sind fast alle Stücke des Quintetts. Und dennoch scheinen die zahlreichen Repetitionen der Musik mit einem Hauch von Gleichförmigkeit zu überdecken, die später allerdings von einem immer dichteren Geflecht der Melodie und Rhythmuslinien aufgebrochen wird.
Das Publikum lauscht gespannt dieser zeitgenössischen Form des Jazz und fordert Zugaben. Das Rüsselsheimer Konzert belegt, dass Robert Landfermann zu Recht mit den Jazzpreisen von WDR, SWR, dem neuen Deutschen Jazzpreis in Mannheim sowie dem NRW-Förderpreis ausgezeichnet wurde.