Achtung! Das tatsächliche Programm, Stand 200523 hat sich deutlich geändert, weil viele Künstler wegen der bekannten Coronakrise nicht anreisen können. Bitte den aktuellen Stand direkt der Website des Moers Festivals entnehmen.
Am 22. April findet um 11 Uhr die zweite Pressekonferenz zum Moers Festival statt, mit Spannung erwartet, und im Livestream verfügbar.
Vielleicht holen sie ja wieder den Holzpanzer von vergangenem Jahr aus dem Keller, setzen Archie Shepp hinein und der darf wieder einmal wütende Töne produzieren, während vorn am Lauf die Besucher vorbeipilgern, in anderthalb Meter Corona-Abstand, Lauschzeit 20 Sekunden pro Ohr…
Zuzutrauen wäre es den Moers-Machern, denn sie bleiben erfreulich stoisch dabei, ihr Festival „in welcher Form auch immer“ zu veranstalten: „Wir wollen Spaß und Mut machen, neue Wege gehen, Menschen verbinden! Dafür steht das moers festival auch im 49. Jahr“. So soll’s sein – und war nicht der Slogan im vergangenen Jahr: „Strengt euch an!“?
Es wäre auch ein Jammer, wenn es das Programm unter dem Motto „new ways to fly“ nicht in irgendeiner Form auf die kleinen oder großen Bühnen, in den Park und mitten in die Stadt oder auch in das Büro des Bürgermeisters fände.
Archie Shepp hat ausnahmsweise Enjoy Jazz-frei und tummelt sich in Moers. John Zorn, viel zu selten auf deutschen Bühnen, John Scofield, Heiner Goebbels, die fantastischen Irreversible Entanglements – ein Programm „zwischen Madrigalen aus dem 16. Jahrhundert, Beethoven, Neuer Musik, politischem Free Jazz, Elektronik und wildem Noise“ macht neugierig.
Einen Frauenschwerpunkt gibt es dieses Jahr auch – möglicherweise als Reaktion auf Proteste der Genderarmy, mit ihren langen Krakenarmen auch im Jazzbereich. Glücklicherweise ist die Auswahl groß genug: Joëlle Léandre, Maggie Nicols und Irene Schweizer gehören zur etablieren Jazzerinnengarde, die jüngere weibliche Generation bekommt ebenfalls ihr Forum im Rahmen des Moers Festivals: zum ersten Mal koopieriert Moers mit dem Essener Peng! – Festival. Auch weiblich und vor Kreativität sprühend: Artist in Residence Maria Portugal.
Das französische Kammerorchester Onceim widmet sich der Zeitlupenmusik der 88jährigen Komponistin Éliane Radigue und dem „beyond jazz“-Gedanken fröhnt das Moers Festival mit vier Pianisten um die Folkwang-Professorin Patricia Martin. Die spielen Musik des wenig bekannten schwarzen Minimal-Komponisten Julius Eastman.
Natürlich prägen wieder die zahlreichen, von Jan Klare organisierten Sessions das Programm. Und auch der Wettbewerb „Composer Kids“ findet wieder statt. Werke von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre werden erarbeitet und präsentiert, und kein geringerer als der österreichische Saxophonist Wolfgang Puschnig wird die Kompositionen gemeinsam mit den jugendlichen Könnern auf die Bühne bringen.
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| Jazzpages Rückblick Moers 2018
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Holla, ich hätte nicht gedacht, dass dieser Satz so „einschlägt“. Muss wohl ein wunder Punkt sein, bei jenen, die das Thema tief in der Seele verankert habe – was nicht schlecht sein muss. Ich habe überhaupt nichts gegen Frauen auf den Bühnen, aber war gerade beim letztjährigen Moersfestival überrascht, dass das einer der *Hauptkritikpunkte* am Programm war (soweit ich es eben mitbekommen habe) – und für mich ist hoher oder niedriger Frauenanteil am Programm relativ egal, solange das Programm gut ist.
Über den Begriff „Genderarmy“ kann man tatsächlich stolpern, ich habe es – ehrlich gesagt – einfach so dahin geworfen. Unnötig militaristischer Begriff, zugegeben. Spott lasse ich mir nicht nehmen, so einfallsreich wie der Herr Kommentarschreiber bin ich wohl einfach nicht, wie schade.
Aber über „voll moderne Anglizismen“ zu schwadronieren und nur einen Satz später etwas von „Gatekeeper-Jazzkritiker“ daher zu plappern, das hat schon was. Einfallsreich!
Frank Schindelbeck
„Einen Frauenschwerpunkt gibt es dieses Jahr auch – möglicherweise als Reaktion auf Proteste der Genderarmy, mit ihren langen Krakenarmen auch im Jazzbereich.“
Sorry, aber abwertende Kommentare zu den Protesten der „Genderarmy“ sind sowas von nicht mehr zeitgemäß. Übrigens voll modern, hier einen Anglizismus zu verwenden; ich mein, man könnte ja auch von der „Geschlechterarmee“ o.Ä. sprechen, klingt aber wahrscheinlich weniger cool. Richtig uncool hingegen ist, mit einfallslosen Metaphern über vermeintlich militante feministische Kraken über die absolut begrüßenswerte (und seit langem nötige!) Öffnung des Jazz für Instrumentalistinnen zu spotten.
Das mf-Motto des Vorjahres, „Strengt euch an!“, scheint dem Verfasser ja offenbar bekannt zu sein. Diesen Spruch dürften sich einige Gatekeeper-Jazzkritiker auch bzgl. Frauenschwerpunkten zu Herzen nehmen.