„Three Fall“ in Schwäbisch Hall mit Sängerin Melane

Vom Kongo über Alexandria bis nach Schweden

Als Mitte April 2012 die Formation „Three Fall“ bei der bewährten Veranstaltungsreihe „Jazztime“ aufspielte, kamen nur wenige Besucher. Diese aber feierten die Neusser Newcomer-Band euphorisch. Bis zur Empore füllte sich ein knappes Jahr später beim Jazz-Art-Festival die ehrwürdige Hospitalkirche – und der knackige Sound, der ungeniert auf Jazz-Tradition und zeitgeistigen Hip-Hop zugreift, überzeugte erneut.

Kunstvoll arrangiert ertönten die groovenden Stücke, die damals vielfach von den Red Hot Chili Peppers adaptiert wurden. TiL (ja, mit einem großen L am Schluss!) Schneider an der Posaune, Lutz Streun (Bassklarinette sowie Tenorsax) und Sebastian Winne bilden ein unkonventionell instrumentiertes Trio mit zuweilen orchestraler Klangfülle, herbeigeführt durch natur-akustische Tricks der beiden Bläser oder mit elektronischen Hilfsmitteln, die – wie bei Rockgitarristen – mittels Pedalen gesteuert werden

Nun also ein kunstfertiges Quartett dank Melane Nkounkolo, eine vehemente wie auch subtile Vokalistin mit kongolesischen Wurzeln – authentischer Afro-Beat inklusive und amerikanischer Soul als Beigabe. Die gemeinsame CD „Four“ erregte bereits immense Beachtung. Man könnte meinen, im Studio sei mit viel Overdupping und Multitrackverfahren gearbeitet worden.

Aber zuvor schon hatte sich die inzwischen weltweit etablierte „Three Fall“-Formation auf der Bühne ja mit digitaler Gerätschaft quasi multiplizieren können. Der pressfrische Silberling präsentiert vor allem Eigenkompositionen, aber auch zwei Stücke schwedischer Provenienz: „Elevation of Love“ des tragisch verstorbenen Pianisten  Esbjörn Svensson und der 1992er Hit „All that she wants“ der Pop-Band „Ace of Base“. Eine ganz besondere Cover-Version, anfangs lyrisch und zum Schluss deftig.

Dies alles geschieht weitgehend ohne populistische Anbiederung. Die auswendig ausgeführten Arrangements sind gewitzt, das Spiel perfekt. Und Melane Nkounkolo bringt grazil als auch mit Power mehr Farbe ins Spiel. Das beseelte und choralartige Lied „Tata Na Lola” im Kwela-Sound hat sie ihrem 2010 verstorbenen Vater gewidmet, das sehr perkussiv gestaltete „Mòto Pamba“ erzählt über aufblühende und vergehende Freundschaften.

Dann zelebrierte das Dreimannorchester in der Hospitalkirche immer wieder reine „Instrumentals“. „Alexandria“ beispielsweise bezieht sich auf die nordägyptische Metropole, in der Streun, Schneider und Winne schon mehrfach konzertierten und dozierten. Nun hörte man betörende Musik auf arabischen Skalen und Geräusche, die Straßenlärm assoziieren ließen.

Die rund annähernd hundert Zuhörer des vom Jazzclub und Kulturbüro gemeinsam veranstalteten Konzerts quittierten das Quartett-Event mit johlend enthusiastischem Applaus und wurden dafür mit zwei Zugaben belohnt. Und erst bei diesen „Extras“ schnappte sich Lutz Streun das Tenorsaxophon und ließ seine „Kanne“ rockig röhren. Die Bassklarinette tönte zuvor mittels elektrotechnischer Transformation auch mal wie eine quengelnde Gitarre.

Text und Fotografie von Hans KumpfKumpfs Kolumnen

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