„Home“ heißt die CD des Sebastian Sternal Transatlantic Trios. In der Heimat Mainz angekommen sei er beim letzten Konzert seiner Tournee, schmeichelt der Piano-Professor dem Publikum beim „Treffpunkt Jazz“ im überfüllten Saal des Frankfurter Hofes. Beim Titelstück „Home“ kommt das Trio mit Jonas Burgwinkel am Schlagzeug und dem amerikanischen Bassisten Larry Grenadier dem Kern des Albums nahe. Sternal lässt seinem kongenialen Begleiter aus New York Raum für ein Solo auf dem voluminösen Kontrabass.
Das Transatlantic Trio beginnt mit „I am the ocean“, das zunächst ruhig dahinfließt. Der Pianist wirft ein paar kurze repetitive Akkorde ein, der Drummer wischt mit den Sticks über die Felle und der Bass antwortet mit Bogenstrichen auf die Melodiefragmente aus dem Bechstein-Flügel. Nur kurz dauert das schwerelose Stück. Es geht nahtlos in „Go“ über, bei dem auf ein polyphones Thema eine völlig freie Passage folgt und bei dem das Trio mit perkussiven Basslinien und treibendem Schlagzeug im Up-Tempo-Spiel seine interaktive Power entfaltet.
Nach seinen Symphonic-Projekten hat der Pianist Sternal zum klassischen Klavier-Trio gefunden, für das er zwölf Kompositionen schrieb. Bei „Gravity“ können die Musiker swingen. Der Bass marschiert, der Drummer treibt. Das Spiel groovt. Sternal lebt in vielen Stücke seine Vorliebe für repetitive Elemente aus, nutzt zum Erzeugen von Spannung Harmonievariationen und Ostinati.
„Winter“ beginnt mit einer lyrischen bis freien Pianoeinleitung und verzwickt reizvollen Harmonien auf dem Bass sowie sanftem Spiel auf dem Schlagzeug. Es geht um Melodien, Energie in der Musik und um Swing – natürlich in der modernen Auslegung und nicht im traditionellen Sinn. Knallendes Bassspiel und hart angerissene Saiten verbinden sich mit fingerfertigen Tastenläufen und polyrhythmischen Perkussionen auf den Trommeln. Burgwinkel stand auch im Mittelpunkt von „Alias“, das Sternal dem amerikanischen Perkussionisten Don Alias widmete. Grenadier zerrt seinen Kontrabass perkussiv, Sternal verliert sich in Repetitionen.
In dem einzigen Klassiker des Abends, Cole Porters „All of you“, bietet sich den drei Künstlern die Möglichkeit für Soli, die das Publikum im Saal zum spontanen Applaus herausfordern. Das Thema wird auf seine Struktur reduziert und wirkt durch die Soli der drei Partner stetig im Hintergrund.
Sternal hält es nicht auf seinem Hocker, sein Körper windet sich, die langen Beine verschränken sich unter dem Stuhl oder drücken die Pedale des Flügels. Burgwinkel lacht und Grenadier brummelt die auf dem Instrument folgenden Harmonien. Die Spielfreude des Transatlantic Trios springt auf die Zuhörer über. Manche Kompositionen sind komplett ausgespielt, bei anderen wird nach einleitenden Single Notes wie in „Sand“ wird die Idee zum Improvisieren freigegeben.
Mit dem getragenen Wiegenlied „Twin Song“, das Sternal den Zwillingen seiner Schwester widmete, schickte das Trio sein begeistertes Publikum auf den Heimweg.
Begonnen hatte der Abend mit einem Duo in außergewöhnlicher Besetzung mit dem Kontrabass von Bastian Weinig und dem Trompeter Marko Mebus. Die beiden jungen Künstler aus der Mainzer Musikhochschule spielten eigene Kompositionen mal kraftvoll auf der Trompete, mal mit Atemgeräuschen auf dem Flügelhorn sowie mit sensiblem Bass oder aus den Saiten gezerrten Läufen. Weinigs „Schmelzende Eisblumen“ sind eher meditativ, die Stan Getz-Anleihe „Dear old Stockholm“ fesselt mit der gestopften Trompete von Mebus. Von ihm stammt auch „The Lome“ mit dem Vibrato auf dem Flügelhorn und der nordisch anmutendem Stimmung auf dem Bass.