Just Music, das internationale Jazzfestival in Wiesbaden findet vom 21. bis 23. Februar statt. Festivalmacher Raimund Knösche zur achten Ausgabe von Just Music im Metropoljazz-Gespräch mit Frank Schindelbeck.
FS: In diesem Jahr beginnt das Festival mit einem „Vorspiel“ am Donnerstag-Abend im KlangWerk mitte. Hyperactive Kid spielen dort – hat sich das zufällig ergeben oder erleben wir einen ersten Schritt zur „Vergrößerung“ des an sich zweitägigen Festivals?
RK: Das KlangWerk-mitte war bereits im vergangenen Jahr Bestandteil des Festivals, denn dort fand und findet auch in diesem Jahr der Workshop am Samstag statt.
Neu ist das Konzert am Donnerstag und ist folgendem Umstand zu verdanken: Hyperactive Kid hatten schon früh im vergangenen Jahr angefragt. Da wir bislang keine Band zum wiederholten Male auf der Bühne des Kulturforums hatten (einzelne Musiker schon) bot es sich einfach an hier über den Weg eines Clubkonzerts eine Ausnahme zuzulassen, darüber hinaus auch der Spielstätte KlangWerk-mitte zu einem größeren Bekanntheitsgrad zu verhelfen und somit zum integrativen Bestandteil des Festivals werden zu lassen. Die Größe des Festivals wird auch in Zukunft bei 2-3 Tagen bleiben – die Dreitagesversion gab es bereits 2007, damals in Verbindung mit dem Hessischen Jazzpodium.
FS: Ausnahmen bestätigen die Regel – aber was steckt hinter dem Gedanken, Bands möglichst nur einmal bei Just Music auftreten zu lassen?
RK: Ganz einfach: Es gibt ein solch vielfältiges Angebot an interessanten, spannenden und großartigen musikalischen Konzepten, dass es bei einer Konzertdichte von ca. 6 Konzerten/Festival recht leicht ist Neues und/oder in Wiesbaden bisher Unbekanntes zu Gehör zu bringen.
Außerdem ist unsere Wunschliste lang, bzw die Zahl der Bewerbungen für Just Music hoch. Soll aber nicht heißen, dass dies als in Stein gemeißeltes Gesetz gilt, denn s.o.: Ausnahmen bestätigen die Regel!
FS: Stammen die Bewerbungen im wesentlichen aus Deutschland oder kommen auch Anfragen aus dem Ausland – anders gefragt: wie sieht es mit der „Reichweite“ und Bekanntheitsgrad des Festival im achten Jahr aus?
RK: „Angekommen“! Anfragen weltweit. Innerhalb der „Szene“ ist die Reichweite groß, allerdings wollen wir natürlich auch und gerade die Menschen erreichen, die bislang eher Schwellenangst und Vorbehalte gegenüber Jazz im Allgemeinen und im Besonderen gegenüber unserer „Spielrichtung“ haben.
FS: …womit wir beim Kern des Festivals angekommen sind: was ist denn die – für die „Neuen“ – diese „Spielrichtung“? Und würdest Du sagen, dass euer Festivalprofil auch für Jazz-Einsteiger geeignet ist
RK: Selbstverständlich ist unser Festival auch für „Jazzeinsteiger“ geeignet, da wir wieder einen weiten Bogen spannen vom kammermusikalischen Bass-Solo über Barockmusikinterpretationen und imaginären Filmsoundtracks bis hin zu „freestyle“ neuer und alter Schule.
Das alles geschieht mit einem neugierigen Blick über den musikalischen Tellerrand des mainstreams: JUST MUSIC versteht Jazz als Experimentierfeld, das die Genregrenzen hinterfragt und immer wieder verschiebt. So präsentiert JUST MUSIC aktuelle, lebendige Musik mit Zeitbezug, die nicht nur spannende Unterhaltung verspricht, sondern auch Reibungsfläche bietet.
FS: Auf den Trommelfellen reiben dürfte sicher der große alte Mann des freien Powersaxophonspiels, Peter Brötzmann – er spielt in einem Trio mit „Regionalbezug“…
RK: Peter Brötzmann blieb und bleibt sich treu und entfaltet sich nichtsdestotrotz munter weiter. Das ist nicht nur bezogen auf seine individuelle Ausdrucksmöglichkeit von Bedeutung, sondern passt haargenau in unser Konzept des „Muts zum Risiko“. Zwar hat es ein erstes Konzert mit Peter Brötzmann und Jörg Fischer bereits in Wiesbaden gegeben, so dass das „first meeting“ (auch veröffentlicht auf Tonträger) auf diese beiden nicht mehr zutrifft, allerdings in der Erweiterung mit Georg Wolf am Kontrabass wird die Musik sicher wieder eine Wende nehmen, wohin, wird sich während des Gigs am Samstag weisen.
Ja, es ist in der Tat ein Konzert mit Regionalbezug, nämlich mit Jörg Fischer als Wiesbadener Schlagzeuger – seiner Initiative ist es übrigens zu verdanken, dass das Projekt zustande gekommen ist – steht auch ein lokaler Musiker im Zentrum des Geschehens. Um es zu komplettieren: Georg Wolf kommt aus Gießen, so dass sich hier durchaus einmal Hessen in (Jazz)szene setzt.
FS: Das komplette Programm findet sich natürlich auf der Festivalseite www.justmusic-festival.de und es tummeln sich neben dem erwähnten deutschen Jazz-Urgestein, dem vergleichsweise „Jungen Gemüse“ am Eröffnungsabend auch eine ganze Reihe hochspannender internationaler Bands. Klar – als Festivalchef kann man keine heraus heben, trotzdem: vielleicht eine besondere Empfehlung?
RK: Meine persönliche Empfehlung geht auch international in Richtung „Junges Gemüse“, zum einen am Freitag mit dem Barockprojekt des Schweizer Posaunisten Samuel Blaser, (mit keinem geringeren als US-Amerikaner Gerry Hemingway am Schlagzeug!) sowie am Samstag die imaginären Filmsoundtracks des deutsch-finnischen Trios Klima Kalima um den Gitarristen Kalle Kalima.
FS: Gerry Hemingway – das ist ein gutes Stichwort. Er leitet den diesjährigen Workshop. Offensichtlich auch ein gut funktionierender Baustein bei Just Music, wie sich im vergangenen Jahr beim ausgebuchten Workshop des Bassisten Sebastian Gramss‘ gezeigt hat. Richten sich die Workshops eher an Amateure oder an professionelle Musiker?
RK: Sowohl als auch, wobei hinzuzufügen ist, dass es kein Workshop für Anfänger ist, sondern für Fortgeschrittene. Wir haben auch bislang nicht den Unterschied gemacht, ich könnte also nicht sagen, ob der Anteil professioneller Musiker höher als der der Amateure ist.
Jedenfalls ist es schön zu sehen, dass der Workshop an sich angenommen wird und somit tatsächlich zum festen Bestandteil jeglicher Festivalplanung geworden ist. In diesem Jahr werden übrigens acht Teilnehmer dabei sein, Anmeldungen sind nun leider nicht mehr möglich. Stattfinden wird er übrigens am Samstag im KlangWerk-mitte.
FS: Das KlangWerk mitte ist Dein „ständiges Standbein“ für Jazzveranstaltungen in Wiesbaden. Strahlt der „Festival-Hype“ auch auf die ständigen Veranstaltungen dort aus?
RK: Das „befeuert“ sich gegenseitig, nicht zuletzt durch die kreative Energie des Workshops, aber Ankerplatz, das ist schon richtig, ist das KlangWerk.
Allerdings ist es so, dass die Konzerte im KlangWerk-mitte thematisch weiter gefasst sind und somit auch ein breiteres Publikum ansprechen sollen, was wiederum dazu führt, dass der oder die eine oder andere Lust auf „exotischere Früchte“ sowohl im Klangwerk als auch bei Just Music bekommt…
FS: Eine persönliche Frage zu Schluss – was treibt den „Jazzarchitekten“ an? Ist es nur das viele Geld, das man mit Jazzveranstaltungen verdienen kann…?
RK: GENAU, hauptsächlich das viele Geld + Ruhm und Ehr natürlich. …Allein: es handelt sich wohl eher um eine unerklärliche Form der Leidenschaft für diese Musik! Da entstehen immer wieder diese Momente, die mich beglücken und inspirieren, die ich wahrlich nicht missen wollte. Und in diesem Umfeld tätig zu sein, ist großartig und macht eine Menge Spaß. Zum Glück bin ich dabei nicht allein, und das ist jetzt auch einmal eine gute Gelegenheit mich bei allen Mitstreitern und insbesonders bei meiner Partnerin Felicitas und meinem Freund Wolfgang für ihre tatkräftige Unterstützung zu bedanken.
| www.justmusic-festival.de
| www.jazzarchitekt.de
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