hr-Bigband mit Oregon in der Jazzfabrik 15. März 2013

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer

„Leather Cats“ von der Oregon-CD „Beyond the words“ zählt an diesen Abend zu den mitreißendsten Arrangements, die hr-Chefdirigent Jim McNeely für die Kombination seines Orchesters mit der Weltmusikformation Oregon geschrieben hat. Nach einer kurzen Einleitung des Komponisten Glen Moore auf dem Kontrabass bläst Paul McCandless auf der Oboe weit geschwungene Linien, steuert Ralph Towner auf dem Flügel einige Akkorde bei, während Mark Walker die Rhythmen auf dem Schlagzeug treiben lässt. Das Sopransaxophon schreit in den hohen Lagen auf und die Bigband unterlegt die Oregon-Musik mit einem Soundteppich. Towner sitzt zwischen Keyboard, Synthesizer und Flügel, die Spezialanfertigung seiner korpuslosen Gitarre auf dem Schoß, und bastelt an Klangcollagen. Über den groovenden Bass-Ostinati entsteht ein quirliger, frei pulsierender Bigband-Sound, der sich bis zum Crescendo steigert. In dieser Zugabe des mitreißenden Konzerts im ausverkauften Rüsselsheimer Theater zeigen Bigband und Oregon, dass bei einer Verschmelzung zweier musikalischer Welten auch Neues entstehen kann.

In die Arrangements dieses Abends lässt McNeely seine Erfahrungen als Mitglied des Thad Jones-Mel Lewis-Jazz Orchestras und als Arrangeur der WDR-Big Band einfließen. Die Zuhörer genießen Stücke wie die McCandless-Komposition „Bayonne“, bei der die bekannt satten Bläserriffs und Klangflächen der Bigband den Sound prägen. Für andere Stücke, die in der Regel vom Gitarristen Ralph Towner stammen, trifft zu, was McCandless einführend erklärt. „Wir spielen Musik von Oregon mit der hr-Bigband als „basic ensemble“. Dies gilt vor allem für „Redial“ und „As she sleeps“ mit Towner an der Gitarre und McCandless mit Oboe oder Englisch Horn – wobei sich in Letzteres leichte Längen einschleichen.

Meisterlich gelingt McNeely das Arrangement von „Areolus“, in dem sich die leichten Winde mit Towner am Piano und dem hr-Flügelhornspieler Axel Schlosser zu Böen und schließlich mit der Bigband zu einem Sturm entwickeln, in dem Mark Walker ein kluges und themadienliches Solo mit Klöppeln auf Fellen und Becken trommelt. Nahezu mystische Klänge bestimmen den Charakter von „Queen of Sidney“ mit den freien Soundcollagen, der Percussion und den flirrenden Orchester-Klängen. Towner greift auf dem Flügel ostinate Figuren, McCandless bläst auf der Tin-Whistle. McNeely hat Bigband und Quartett fest im Griff, findet dazwischen sogar Gelegenheit, Moore und McCandless beim Aufklauben herabgefallener Notenblätter zu helfen. Spielfreude kennzeichnet die Musik der beiden musikalischen Partner.

Oregon gilt als ein Brückenbauer zwischen musikalischen Welten. Das Quartett mit dem Gitarristen Ralph Towner, dem Multiinstrumentalisten Paul McCandless, dem Bassisten Glen Moore und dem Schlagzeuger Mark Walker hat bereits mit Sinfonieorchestern zusammengespielt, sammelte Erfahrungen mit Variationen über Johann Sebastian Bach, der europäischen Romantik sowie in fernöstlicher Klassik wie Folklore. Die Bigband des Hessischen Rundfunks ihrerseits spielte mit Billy Cobham und Tanja und den Yellow Jackets. Sie integrierte Dadaismus mit dem Sprecher Michael Quast, lud Stars wie Gary Burton oder Terje Rypdal ein. Das Orchester besticht auf höchstem künstlerischem Niveau mit Präzision, sattem Sound und treibenden Rhythmen. Vor allem aber mit ihrer Offenheit und Experimentierfreudigkeit.

Das Konzert wird live vom Hessischen Rundfunk übertragen wobei in der Pause ein Interview des Frankfurter Gitarristen und Jazz-Autors Jürgen Schwab mit Oregon und McNeely eingespielt wird.

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