Fabian Dudek-Trio in der Rüsselsheimer Jazzfabrik, 22. September 2016

Die Musik des Trios um den Jungen Nauheimer Saxophonisten Fabian Dudek zeugt von dem Ringen um die rationale Gestaltung der Komposition und dem Jazz als expressive Kraft der Improvisation. Das Konzert als Dank für das Förderstipendium der Stadt Rüsselsheim auf der Hinterbühne in der Jazzfabrik beginnen Landfermann melodisch mit ostinaten Variationen auf dem Bass und Mahnig mit sensiblen Besenstrichen bis Dudek mit vibratoreichen und überblasenen Stakkato-Läufen einfällt. „Vor der Sternenschanz“ lebt von dem steten Wechsel zwischen ruhigen und lebhaften Passagen und wird getragen von dem durchlaufenden Beat des Basses.

Fabian Dudek leugnet nicht die Tradition. Mal bläst er auf dem Altsaxophon lyrische Linien zu den Ostinati Robert Landfermanns auf dem Kontrabass und dem swingenden Schlagzeug von Dominik Mahnig auf den Fellen und Becken oder dem Sammelsurium an percussivem Krimskram. Dann plötzlich bricht der Saxophonist eruptiv in einem abrupten Tempowechsel aus der Maistream-Tradition aus, reduziert das Thema mit seinen Partnern auf den harmonischen Kern und baut zum Finale das Thema wieder auf. Ständige Wechsel und  Kontrast im Spiel sind Kennzeichen der Kompositionen des jungen Saxophonisten aus der Rüsselsheimer Talentschmiede der örtlichen IKS-Bigband, zu der auch sein Lehrmeister der Klarinettist, Saxophonist und Komponist Oliver Leicht gehörte. Der Absolvent der Musikhochschule Mainz ist inzwischen Mitglied der freien Kölner Jazzszene. 2015 wurde Fabian Dudek mit dem Förderstipendium der Stadt Rüsselsheim ausgezeichnet. Das Stipendium ist mit 4 200 Euro dotiert. In diesem Jahr erhielt der junge Saxophonist das Arbeitsstipendium der Stadt Frankfurt.

Die thematischen Vorgaben stammen in aller Regel vom Leader Dudek, der seine Mitmusiker damit auf einen ungewissen Pfad voll musikalischer Abenteuer locken will. Manche Kompositionen sind so neu, dass sie wie die zweite an diesem Abend noch keinen Titel haben. Und dennoch klingt das Trio kompakt und interkommunikativ. Die in sich geschlossene Entwicklung führen die Musiker besonders in den kurzen Unisono-Passagen von Bass und Altsaxophon vor. Das sonor getönte Blasinstrument verbindet sich mit dem gestrichenen Bass während der Schlagzeuger mit den verschiedensten Percussionsmaterialien (bis hin zu Maisbüchsen von einem Discounter) experimentiert. „Traurig an einem schönen Ort“ wechselt urplötzlich das Tempo, Dudek drängt sich expressiv und attackierend ins freie Spiel, bevor das Trio wieder zum eher lyrischen Thema zurückkehrt.

Fast unhörbar sind die Atemgeräusche Dudeks auf dem Saxophon bevor sich der Bläser aus dem Duo von Bass und Schlagzeug schält, die Führung übernimmt und das Trio treibend in der Expression bei „Lighthouse“ eher die Avantgarde samt experimenteller Soundcollagen als den traditionsgebundenen Jazz spielt. Die Partner reiben und streichen den Korpus des Kontrabasses oder die Felle der Trommeln, lassen die Becken mit dem Bogen schreien. Schier endlos bläst Dudek seine Läufe auf dem Altsaxophon teilweise mit Zirkularatmung, lässt sein Instrument „singen“.

Als Zugabe präsentiert das Trio eine Fremdkomposition: Enrico Morricones „Farewell to Cheyenne“ aus dem Film „Spiel mir das Lied vom Tod“. Zwar erkennen die Zuhörer das Thema, doch das Fabian Dudek-Trio findet eine eigenwillige Version des Western-Hits.


Mümpfers Jazznotizen

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