Ein Duo verlangt bedingungsloses Vertrauen und vertrauensvolle Interaktionen der beiden Partner. Vielleicht sind es gerade die kontrastierenden Eigenheiten der Künstler, die sich in der Musizierweise so fabelhaft ergänzen. Das eher wilde, sperrige und attackierende Spiel des Pianisten Lucas Leidingers auf der einen, die fast lyrische, ruhige und weiche Stimme des Altsaxophonisten Daniel Daemen auf der anderen Seite. Daran ändern im abschließenden Jazz- Konzert des Nieder-Olmer Festivals „begegnungen“ bei „live in the box of glass“ selbst die flatternden Stakkati auf dem Blasinstrument nichts, denen der Pianist gleichsam mit einem knallenden Klirr auf den Tasten einen Schlusspunkt setzt. Dafür sprechen anderseits die mit natürlichem und nachklingendem Hall versehenen vibratoreichen Linien auf dem Saxophon und die sparsamen Einwürfe zum perlenden Klavier in „Ankomst“.
„Without Limits“ ist das passende Motto dieses Duo-Abends im Nieder-Olmer Rathaus, das dem Spiel viel Freiraum für Improvisationen zwischen den notierten Teilen einräumt. Der Pianist Lucas Leidinger reißt im Steinway-Flügel eine der Bass-Saiten an. Ein trockener Ton “erklingt“. Daniel Daemen haucht in sein Altsaxophon, lässt die Atemgeräusche wirken, steigt in die hohen Tonlagen. Ein imaginärer Wind pfeift während das Piano lyrisch perlt. Dann hämmert Leidinger im Innern des Flügels auf Stahlsaiten und Holz, das Saxophon grummelt in der Tiefe und Daemen bläst sein Instrument mehrstimmig. „Islander Sunset“ ist zweifellos das ungewöhnlichste und interessanteste Werk des jungen Komponisten.
Das begeisterte Publikum lässt sich auf die zahlreichen überraschende Wendungen ein, die neben sperrigen und freien Läufen auch lyrisch-perlende sowie swingende Passagen kennen. Verträumt ist die Stimmung der Daemen-Komposition „ In a dream“ mit seinen kurzen Unisono-Läufen sowie lyrisch und melodisch das Intro zu Leidingers „Gogimol“ mit der Zweistimmigkeit in den Parallel-Läufen.
Das Programm besteht ausschließlich aus Eigenkompositionen: „Abraxas“, „K´s red eyes“ oder „fl, fl, flapper“. Die Daemen-Komposition „Limited impossibility“ groovt mit kristallklaren Läufen auf dem Flügel sowie den ostinaten, oftmals gehauchten, Atemgeräuschen des Saxophonisten. Expressivität kennzeichnete das Duo bei „Summer in Copenhagen“.
In der Zugabe präsentierten Leidinger und Daemen eine noch im Entstehen begriffene, titellose Komposition des Pianisten, die dieser im Hotel mit der um eine große Sexte nach ober transponierte Altsaxophonstimme notiert habe. „Mit der einen Hand löffelte ich die Suppe, mit der anderen schrieb ich die Stimme des Blasinstruments erzählte Leidinger dem aufmerksam lauschenden Publikum.
Musikschulleiter Jens Klaassen hat mit den beiden jungen Künstlern beim abschließenden Jazzkonzert des Drei-Tage-Festivals ein bemerkenswertes Gespür für den neuen Jazz bewiesen. Der 1988 geborene Pianist Leidinger ist diesjähriger Preisträger des „Horst und Gretl Will-Stipendiums“. Das Duo-Konzert in Nieder-Olm bestätigte die Begründung der Jury, dass der Pianist sich zu einem prägenden Komponisten und Instrumentalisten entwickelt habe.