Zum Geburtstag eine Funk-Predigt Maceo Parker mit Band zum 15-jährigen Bestehen der Jazzfabrik in Rüsselsheim, 20. März 2012

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer

Maceo Parker lässt sich gerne mit dem Spruch zitieren: „In der Oper heißt es: Pst, Ruhe bitte… – bei uns heißt es : Get up! Do that thing.“ Dieses Ding ist zumeist ein mehrstündiges Powerplay. Ein stampfender Funk. Eine heiße und treibende Mixtur aus Jazz, Rock, Soul, Blues, Rhythm´n Blues und Funk. Der Ton aus Parkers Saxophon kommt äußerst präzise und scharf konturiert. Er bläst die Akkordfolgen rhythmusorientiert, nutzt sein Altsaxophon wie ein Percussionsinstrument. 

In seinem eleganten hellgrauen Anzug ist der inzwischen 69-Jährige ständig in Bewegung. Zu den erdigen und groovenden Soli seines Bassisten Rodney „Skeet“ Curtis tanzt und schreitet er wie eine Marionette, verharrt nach dem Finale bewegungslos erstarrt – um umso treibender und attackierender in das nächste Stück einzusteigen. Zwischendurch tritt der raffinierte Magier immer wieder ans Mikrofon, um mit zwar recht geringem Umfang, doch angerauter und ausdrucksstarker Stimme den Funk zu predigen. 

Das sich von den ersten Takten an wiegende und hüpfende Publikum nimmt an diesem Abend des 20. März 2012 die Botschaft der achtköpfigen Band ebenso bereitwillig entgegen wie auf den Tag genau vor 15 Jahren am selben Ort. Damals eröffnete die Funk-Legende vor ebenfalls ausverkauftem Haus die Konzertreihe der Rüsselsheimer Jazzfabrik. Seither hat der künstlerische Leiter Stephan Dudek in gut 230 Konzerten Jazzkünstler zumeist von internationalem Rang in das Theater, die frühere Opel-Werkshalle, das Opel-Forum und die Opel-Villen eingeladen. Stars wie Pat Metheney, Joe Zawinul, Randy Brecker, John McLaughlin, James Carter und Mike Stern sorgten dafür, dass Rüsselsheim nicht nur als Automobil-Zentrum, sondern auch als Jazz-Stadt zu überregionaler Bedeutung gelangte.
Zurück zu Maceo Parker und dem Jubiläumskonzert: Der Funk-Magier bläst inzwischen ein Duo mit dem in Jamaica geborenen Briten Dennis Rollins an der Posaune, teils unisono, teil zweistimmig. Der beeindruckende Rollins flicht zudem kontrastierende melodiöse Elemente in das rhythmusbetonte Spiel ein.

Parkers Band erhöht mit motorisch-rhythmischer Wucht den Druck auf das begeistert mitgehende Publikum. Ein Schrei “Move your body“, ein kurzer funky Riff auf dem Saxophon, die treibenden Ostinati des Bassisten Curtis, über die Gitarrist Bruno Speight , der auch Gelegenheit zu einem ausgedehnten Solo erhält, eine Melodielinie legt. Darunter breitet Keyboarder Will Boulware einen soulig wabernden Klangteppich aus. Die Rhythmusmaschine mit dem Schlagzeuger Markus Parker rollt unerbittlich weiter. „We gon make it funky“, ruft der Prediger seinen Musikern und dem Publikum zu, bevor er in die gleichnamige Komposition einsteigt. 

Maceo Parkers Spiel ist vielleicht ein wenig jazziger geworden. Doch an der Charakterisierung „zwei Prozent Jazz und 98 Prozent funky stuff“ ändert dies nichts. Es bleibt auch dabei, dass Maceo Parker seine Ziehväter weniger unter den Jazz-Saxophonisten als unter den Soulpredigern gefunden hat. In den Bands von James Brown und George Clinton hat er gespielt. Ray Charles widmete er 2008 gemeinsam mit der WDR-Bigband ein Konzert. In einigen Stücken dieses Jazzfabrik-Geburtstags-Konzertes singt sein Saxophon memphis-soul-trächtig wie bei King Curtis. Mit einer Ballade gönnt das Energiemonster seinem Publikum eine der seltenen Verschnaufpausen. Im Hintergrund runden sein Sohn Corey Parker und sie Sängerin Martha High rappend und shoutend den Sound der Band ab. 

„Es scheint mir, dass ich umso mehr spielen muss, je älter ich werde, um in Form zu bleiben“, hat Parker vor wenigen Jahren in einem Interview betont. Die heiße Funk-Party im Rüsselsheimer Theater dauert immerhin gut zweieinhalb Stunden. Maceo Parker beschließt sie ausgedehnt sowie ungeheuer funky mit „Pass the peas“ – jenem Hit mit der Vocal-Rap-Intro, dem gleißenden Sax-Gebläse und dem blubbernden Orgel-Sound.

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