Wolfgang Diefenbach / Interview und alle Fotografien: Klaus Mümpfer
Der hessische Kulturpreisträger Wolfgang Diefenbach und das von ihm gegründete Landes Jugend Jazz Orchester sind seit genau einem Vierteljahrhundert Garanten für eine Jazzausbildung auf höchstem Niveau. Bereits mit der ersten CD „Kicks and Sticks“, die dem Orchester den Namen gab, gewann die Bigband den Preis der Deutschen Schalplattenkritik. Zum Jubiläum haben der Dirigent und Leiter Diefenbach sowie die jugendliche Bigband dem britischen, in Holland lebenden Komponisten und Arrangeur Kenny Napper Tribut gezollt. Auf dieser hörenswerten Einspielung featured die gewohnt inspiriert und technisch versierte Bigband die Solisten Jiggs Whigham an der Posaune, Jan Wessels an der Trompete, Ferdinand Povel am Tenorsaxophon sowie die Sängerin Madeline Bell. Da Napper es besonders liebte, für Streicher zu schreiben, hat Diefenbach die Bigband um Musiker des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden erweitert und zugleich aus beiden Komponenten einen harmonischen Klangkörper geschaffen. Beispielhaft steht dafür „Never let me go“.
In dem abwechslungsreichen Programm aus sensiblen Balladen und treibenden Up-Tempo-Stücken bestechen Whigham beispielsweise mit rundem und beseeltem Ton in „Yesterdays“ und „Never let me go“ vor den Streichern, Povel in einem schnellen „Sweet Georgia Brown“ oder Wessels in dem grandiosen Arrangement „I´ll be seeing you“..
Selten hat man die Ballade „My foolish heart“ sensibler und ausdrucksstärker gehört als von Madeline Bell und im Arrangement geschmackvoll unterstrichen von Streichern als auf dieser Einspielung. Wir sprachen mit Wolfgang Diefenbach über die neue CD, das Landes Jugend Jazz Orchester sowie sein pädagogisches Konzept.
Frage: Warum hast Du für eine Hommage ausgerechnet den weitgehend unbekannten Kenny Napper ausgewählt?
Diefenbach: Napper ist eine große Besonderheit, der schon deshalb eine Überraschung darstellt, weil er seit 20 Jahren nicht mehr im Geschäft ist und weil er sich völlig zurückgezogen hat. Andererseits hat gerade die jetzige Generation von Bigbandleadern und Arrangeuren , die teilweise auch Rundfunkorchester leiten wie Jörg Achim Keller, bei ihm in Holland studiert. Das heißt fast alle Leute, die jetzt „tonangebend“ sind, haben bei ihm gelernt. Ausschlaggebend ist auch gewesen, dass ich aus früherer Zeit seinen Sound noch im Ohr habe und immer wieder Arrangements auftauchen, die mich faszinieren. Mein großer Favorit ist ein Arrangement über „I´ll be seeing you“. Es ist eigentlich ein Jammer, dass Napper, der noch lebt, nicht einmal eine Hommage bekommt, obwohl er großartigen Jazz geschrieben hat – in den sechziger und siebziger Jahren etwa für Orchester beim WDR und beim NDR, die holländischen Orchester, fürs Metropole und die Skymasters. Es gibt eine wahnwitzige Fülle von Arrangements, die seit dieser Zeit alle im Archiv liegen und die keiner mehr spielte – außer jemand, der sie zufällig entdeckte. All diese großartige Musik, von der ich heute noch überzeugt bin, haben wir mit ziemlich viel Mühe aus den Archiven herausgeholt. Als ich Kenny Napper informierte, war dieser sehr verwundert, dass jetzt jemand auftaucht, der sein Werk oder zumindest Stücke, die ich für wichtig halte, neu auflegen will. Ich habe auch versucht, ihn einzubeziehen, was nicht ganz leicht war. Aber ich hatte seine volle Unterstützung und auch konnte ihn dafür begeistern, eine Fülle seiner Musik wieder neu aufzulegen.
Frage: Hat Napper damals schon für Bigband und Orchester geschrieben oder habt ihr das Orchester jetzt eigens dazu genommen?
Diefenbach: Nein, das sind alles Originale. Napper hat gelegentlich Einiges überarbeitet – bei einigenKompositionen musste es sogar sein, weil sie archivmäßig nicht mehr gut lesbar waren. Aber er hat die Musik in der damaligen Zeit so geschrieben. Das ist das Bewundernswerte,denn wenn man bekannte Kultproduktionen von Joni Mitchell mit großem Orchester hört, dann klingt dies nicht anders als das, was Kenny Napper damals schon geschaffen hat.
Frage: Napper wurde 1933 geboren, hat aber noch bis in die Siebzigerjahre hinein gewirkt, was dafür spricht, dass er gute Musik geschrieben hat, die schließlich Jahrzehnte Bestand hatte. Wer kam auf die Idee, diese Musik wiederzuerwecken?
Diefenbach: Ich arbeite beim Landes Jugend Jazz Orchester sehr viel mit Dozenten aus anderen Ländern, weil es offensichtlich schwierig ist, eine nennenswerte Jazzklasse in unserem Bundesland zu etablieren. Aus diesem Grund gehen unsere Leute bevorzugt zum Studieren nach Holland. Im Gegenzug hole ich holländische Professoren und Dozenten zu unseren Arbeiten und da Kenny Napper noch in Holland lebt, haben wir beim Bier darüber geredet und ich habe ihnen gesagt, „Menschenskind, Ihr habt da Arrangements mitgebracht, die sind so fantastisch – könnte man da nicht mehr bekommen“.
Frage: Napper hatte diese Arrangements ja bestimmt nicht für eine Jugendbigband geschrieben. Sind diese Arrangements also nicht etwas easyer umgeschrieben worden, damit die jugendlichen Musiker sie besser bewältigen können?
Diefenbach: Alle Arrangements sind völlig original. Sie wurden so für die Rundfunkorchester geschrieben. Wir haben sie geprobt und dann in einer Live-Situation aufgenommen. Nebenbei ist zu sagen, dass das Landes Jugend Jazz Orchester immer so gearbeitet hat. Schon unsere erste Produktion „Kicks and Sticks“, die 1988 mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde, war ein mutiges Unterfangen. Ich hatte damals Geld von einem Sponsor bekommen, 10 Top-Arrangeure der Weltklasse angerufen und frech gefragt, wollt Ihr nicht mal für uns schreiben. Alle haben sie reagiert und „gnadenlos“ geschrieben. Selbst heute nach 20 Jahren wird man beim Anhören von „Kicks and Sticks“ noch hören, dass Leute wie Bob Mintzer und Bill Holeman oder John Clayton ohne jeden Kompromiss geschrieben haben und wir seit dieser Zeit auch die Regel einhalten, dass es bei unseren Produktionen keine jugendliche Gnade gibt.
Frage: Damit stellt sich zwangsläufig die Frage, welches pädagogische Konzept hinter der Arbeit dem Jugend Jazz Orchester steht.
Diefenbach: Die Aufgabe dieses Orchesters ist es, eine Zwischenstation zu sein zwischen dem sehr engagierten Musikstudenten oder jedenfalls dem, der Profi werden will, und dem Berufsorchester. Wir möchten alle Voraussetzungen liefern, mit denen man heutzutage bei sehr hohen Anforderungen dennoch ohne Angst zum Vorspielen gehen kann. Wir versuchen sogar, Musiker, die noch Mitglieder der Bigband sind, in Kooperation mit den Orchestern dort zum Hospitieren unterzubringen um sie auf ihren künftigen, hochkarätigen Beruf vorzubereiten.
Frage: Es schließen sich gleich zwei Fragen an – wie hoch ist der Altersdurchschnitt in diesem Orchester und welche Kriterien muss ein Musiker erfüllen, in dieser Jugendbigband aufgenommen zu werden?
Diefenbach: Der Altersdurchschnitt ist entsprechend den Regeln 22 Jahre und wir gehen nie höher als 24 Jahre beim Einzelalter. Doch es gibt seit einiger Zeit auch eine Juniorband.
Frage: Drauf kommen wir später, wenn es um den Nachwuchs geht. Zunächst wollen wir noch die Frage klären, welchen Anforderungen ein Musiker genügen muss, um in dem hessischen Landes Jugend Jazz Orchester aufgenommen zu werden.
Diefenbach: Die Juniorband spielt bei dieser Thematik eine Rolle. Wir hatten die Situation, dass der Level der Band so hoch war, dass eigentlich kaum noch Bewerber diesem Niveau genügte. Zuweilen war es sogar schwierig, für bestimmte Positionen den Nachwuchs gleich auf jener technischen Höhe zu finden, auf der sich die Band befand. Das heißt, ein Bewerber muss sein Instrument absolut beherrschen, absolut über Jazz Phrasierungen verfügen sowie Improvisationsvermögen und Fantasie auch in einer Combo beweisen. Das ist für mich ungeheuer wichtig, weil ich weiß, dass, man in der Bigband nicht ausreichend zum Improvisieren kommt, So ist parallel die Combo-Arbeit ein wichtiges pädagogisches Element. Alle Bandmitglieder müssen sich solistisch in Combos bewähren, um improvisatorisch auf der Höhe zu sein. Von daher geht es eigentlich nur darum, wirklich künstlerische Orchesterarbeit mit Leuten zu leisten, die bereits fast professionell spielen können.
Frage: Das Repertoire reicht, wie Du sagst, von Count Basie und Duke Ellington über Bill Holman und Bill Dobbins und den zeitgenössischen Komponisten bis zu Bob Mintzer und Peter Herbolzheimer. Es umfasst, also auch Komponisten, die ihre Stücke vor 80 Jahren notiert haben und die die Mitglieder des Orchesters niemals live erleben konnten. Auf der anderen Seite erwartet man, dass die Musiker improvisieren können, diese aber ihre musikalischen Erfahrungen in neuester Zeit und mit ganz anderer Musik wie Rock und Punk gesammelt haben. Wie kann man als Dirigent und Leiter diese Gegensätze unter einen Hut bringen?
Diefenbach: Dieses unter einen Hut bringen ist ein langer Prozess. Wir feiern jetzt das 25 jährige Bestehen. Ich kann feststellen, dass es in den achtziger und frühen neunziger Jahren sehr schwierig war, frühen Jazz zu spielen, worunter ich Ellington und Basie verstehe. Aber ich halte es nach wie vor für ganz wichtig, dass man sich als Grundlage mit den alten Meistern auseinandersetzt. Damals konnte die Musik für die jungen Leute nicht abgefahren genug sein. Inzwischen hat allerdings ein Umdenken eingesetzt, selbst wenn man nur „Klassiker“ spielen würde. Den Bandmitgliedern ist klar geworden, dass dies eine großartige Musik ist, die die Sensibilität für viel modernere Stücke erhöht. Das wäre vergleichbar, wenn ein Musiker Klassik studiert und er würde all die alten Meister ignorieren und gleich bei der Moderne anfangen. Das Konzept ist getragen von der Überzeugung, dass junge Leute sich die alten Bands wieder anhören und zwar nicht nur eben so im Vorbeigehen, sondern sogar diese Kompositionen studieren. Einzelne Mitglieder der Band haben sogar im Laufe der Jahre Transkriptionen von alten Stücken geschrieben, von denen keine Noten mehr erhältlich waren. Außerdem sind manchmal von geänderten Versionen keine Noten mehr erhalten – ebenso von Spezialversionen, die sträflich vernachlässigt wurden. Unsere jungen Mitglieder haben die Musik angehört und transkribiert, so dass wir sie spielen konnten und darüber ist ein Bewusstsein entstanden, auf das ich sehr stolz bin. Dass ich mit Vorurteilen gegenüber alten Meistern aufräumen konnte, bedeutet natürlich nicht, dass wir keine modernen Stücke spielen, aber es bedeutet, dass das ganze Spektrum bearbeitet werden muss.
Frage: Wie kann man eine solche Bigband finanzieren?
Diefenbach: Ja gut, Landesorchester werden in der Regel über Landesmittel kofinanziert – hier wie in anderen Bundesländern. Ein großes Problem war, dass wir über viele Jahre ohne Zuschuss auskommen mussten. Es war ein schweres Leben bis zur Besserung vor wenigen Jahren, was wohl auch damit zusammenhängt, dass ich vom Land Hessen mit dieser Bigband den Kulturpreis des Landes bekommen habe. Für organisatorische Fragen und die finanzielle Absicherung haben wir daneben einen sehr engagierten Förderverein. Gut vertreten waren und sind wir durch drei Präsidenten: Bill Ramsey (1985 – 1995) Albert Mangelsdorff (1995 – 2005) und Jiggs Whigham (seit 2006).
Frage: Auf der einen Seite ist das Jugendjazzorchester offiziell eine Bildungseinrichtung des Landes, auf der anderen Seite gibt es keine Möglichkeit, in Hessen Jazz zu studieren.
Diefenbach: Es ist ein Handycap, auf das ich keinen Einfluss habe. Das bedauere ich sehr. Das ist vielleicht ein finanzielles Problem, aber es ist auch ein heikles Thema und ich glaube, man sollte es mal so stehen lassen.
Frage: Dennoch die Frage, ob dies zu einer größeren Fluktuation in der Band führt?
Diefenbach: Nein. Wir haben uns damit abgefunden, dass es so ist. Wir fördern dies sogar, indem wir mit anderen Universitäten etwa in Amsterdam und Den Haag kooperieren sowie zumindest lockeren Kontakt mit Einrichtungen in Köln oder in Mannheim halten. Befriedigung verschafft es, wenn wir es gar erreichen, für einen der Musiker ein Stipendium etwa in New York zu bekommen. Wir haben damit den Vorteil, dass die Qualität des Orchesters garantiert ist aber es ist andererseits von Nachteil, dass wir die Leute aus diesen Orten zu Auftritten nach Hessen holen müssen – was allein schon von den Fahrtgeldern her sehr aufwändig ist.
Frage: Ist dies auch einer der Gründe, warum es bei den Jugendjazzorchester Hessen pro Jahr nur zwei Arbeitsphasen von je einer Woche gibt?
Diefenbach: Nein, diese zwei Wochen dürften bundeseinheitlich sein. Allerdings gibt es sehr viele Kurzarbeitsphasen zwischendurch, bei denen wir für etwa 3 bis 5 Tage zusammenkommen, um Projekte, Schallplattenaufnahmen oder herausragende Konzerte mit großen Musikern vorzubereiten. Die beiden größeren Phasen sind so die Hauptmiete, um unser Niveau zu halten und in Ruhe auch Stücke auszuarbeiten. Zwischendurch lege ich sogar Wert darauf, dass die Band einen gewissen Stress bekommt, um schnell spielbereit zu sein – ganz wie im späteren Leben. Es wird eben nicht alles bis ins Letzte erklärt. Man bekommt die Stücke und muss vom Blatt spielen, wenn der berühmte Solist schon daneben steht. Zum Glück staunen diese meistens, wie gut dies funktioniert.
Frage: Wer sind denn- um nur ein paar Namen zu nennen- die bekannten Solisten, mit denen die Bigband zusammen gespielt hat?
Diefenbach: Also dies ist eigentlich so umfangreich…
Frage: …wer fällt Dir spontan ein.
Diefenbach: Wir bereiten uns gerade auf ein Konzert mit den „New York Voices“ vor. Dann gibt es für dieses Jahr noch ein paar Geheimnisse – Namen will ich nicht nennen, weil wir noch in Verhandlungen mit Partnern der obersten Riege stehen. In der Vergangenheit waren es Musiker, die wir in Deutschland kennen wie Jiggs Whigham, Ack van Rooyen, John Ruocco, aber auch die großen Amerikaner wie Bob Mintzer, Herb Geller, Joe Gallardo, dann viele Sängerinnen…
Frage:Wie steht es mit den Arrangements?
Diefenbach: Wir versuchen, exklusive Arrangements zu bekommen. Fast alle unsere Produktionen sind exklusiv geschrieben – wie jetzt gerade das herausragende Werk von Kenny Napper. Es gibt ferner Arrangements, die Bob Mintzer für uns geschrieben hat sowie Musiker, die ihre eigenen Werke mit uns auf CD eingespielt haben. John Clayton ist ein ganz wichtiger Arrangeur, der mit der Band gearbeitet hat, und aufgetreten ist. Auch Bill Holman ist ganz wichtig. Von ihnen allen haben wir Stück in unserem Programm, die Schmuckstücke sind.
Frage: Wie viele CDs gibt es von dem Jugendjazzorchester?
Diefenbach: Oh, da muss ich zählen. Neun eigene und dann nochmals neun, auf denen die Band maßgeblich mitgewirkt hat.
Frage: Kann man mit diesen CDs Geld verdienen?
Diefenbach: Als die „Kicks and Sticks“ erschien, konnten Jazzplatten noch ganz gut verkauft werden. Damals zählte diese Einspielung mit mehr als 10.000 Verkäufen zu den am besten verkauften Jazzplatten des Jahres – inklusive der internationalen. Dies lässt sich zurzeit nicht mehr wiederholen. Natürlich gibt es auch populäre Jazz Einspielungen. Aber dass ist etwas anderes als unsere neue CD mit sensiblen Balladen, auf die manche Leute nicht so anspringen.
Frage: Lass uns deshalb nochmal auf die neue CD zurückkommen. Was lag Dir besonders am Herzen? Ein Orchester mit der Bigband zusammenzubringen, stilistisch etwas Neues zu machen, abgesehen davon Napper wieder zu entdecken – oder vielleicht ganz einfach, weil Du Balladen-Fan bist?
Diefenbach: Also ich mag Balladen eigentlich nur dann, wenn sie diese hohe Qualität haben. Wenn die Arrangements großartig sind und die Ballade tragen können, dann bin ich Balladen Fan. Ansonsten bin ich auch sehr für „Abgeh Musik“…
Frage: …also mitreißende Up-Tempostücke?
Diefenbach:… keine Frage. Aber mir liegt es als Dirigent, der überwiegend auch im klassischen sowie im Cross-over-Bereich arbeitet, sehr am Herzen, Jazz-Bigband und Orchester als homogenen Klangkörper zusammenzubringen Das ist für mich eigentlich das Ding schlechthin. Wenn sich dann noch die Chance bietet, sowohl mit hervorragenden Klassikern als auch mit Jazzern zu arbeiten und tolle Arrangements als Grundlage zu haben, dann ist dies das große Glück für mich.
Frage: Du bist also mit der Tribute to Napper- CD sehr zufrieden?
Diefenbach. Selbstverständlich.
Frage: War es schwer, die Orchestermusiker zu bewegen, mit Jazzmusikern zusammen zu spielen?
Diefenbach: In diesem Fall handelt es sich um handverlesene Orchestermusiker, die ich aus früherer Zusammenarbeit alle kenne.
Das hessische Landes Jugend Jazz-Orchester war als „Botschafter“ oftmals im Ausland auf Tourneen.
Diefenbach: Die Musiker haben alle Kontinente bereist.
Frage: mit sehr vielen Zuhörern?.
Diefenbach: Ja, zum Teil mit unglaublichen Zahlen. Herausragend, bleibt – aber das ist sicher ein Einzelfall – der Auftritt beim Festival in Sidney mit 80.000 Zuhörern und mit dem Einstieg von Nat Adderley vor laufenden Kameras. Übrigens erscheint demnächst eine DVD zum Jubiläum, auf der wir all diese Ereignisse dokumentieren. Dahinter steckt viel Arbeit, aber es machte mir nochmals bewusst, was die Band geleistet hat, denn vieles hatte ich schon fast verdrängt. Zu den Glanzlichtern gehört natürlich auch in diesem Jahr die China-Tournee in Traumsälen mit einem begeisterten Publikum. Solche Auftritte bedeuten natürlich auch, dass man ein Publikum gewinnen muss. Das haben wir in China erlebt, aber wir haben so gespielt, dass die Zuhörer schon nach dem dritten Stück aufgetaut und zum Schluss des Konzertes völlig ausgerastet sind.
Frage: Bedeutet dies nicht, dass der Prophet im eigenen Lande wenig beachtet wird?
Diefenbach: Da kann ich glücklicherweise feststellen, dass wir gute Auftrittsmöglichkeiten haben, wenn dies auch nicht die Masse ist. Doch es kann nicht unsere Aufgabe sein, jeden Tag aufzutreten. Das können wir einfach nicht leisten. Aber wir sind glücklich, dass wir an großen Spielstätten wie der Alten Oper, in der Jahrhunderthalle oder beim Rheingau Musik Festival seit Anbeginn immer in zentralen Konzerten mit dabei sind. Auch das Festspielhaus in Baden-Baden ist nicht ganz schlecht Im Allgemeinen ist es jedoch schwierig für Jazzer, Gigs zu bekommen.
Frage: Wann soll die neue CD erscheinen?
Diefenbach: so weit ich Mons Records verstehe, soll der Verkauf nach der Sommerpause mit Nachdruck anlaufen.
Frage: Zum Schluss noch eine Frage zu den Vokalisten, die neuerdings in das Orchester integriert sind.
Diefenbach: Die Bigband verfügt seit einem halben Jahr eine Vocal-Group, die vom A-Capella-Gesang bis zu den Bigband Charts nicht alles, aber schon sehr vieles gesungen hat – also auch Songs aus dem Programm der „New York Voices“ sozusagen als Vorbereitung auf die kommende Zusammenarbeit. Diese Sänger und Sängerinnen sind eine große Bereicherung für ein abwechslungsreiches Programm. Was wir vor allem geschafft haben ist, dass die Instrumentalisten die Sänger akzeptieren.
Frage: Geht es bei dieser Gründung vor allen Dingen darum, für die Bigband eine zusätzliche Klangfarbe zu schaffen, oder sollen die Sänger auch alleine auftreten?
Diefenbach: in diesem Fall ging es vor allem um eine zusätzliche Klangfarbe. Das Schwergewicht liegt natürlich darauf, mit der Bigband aufzutreten. Es gibt nicht sehr viel Literatur dafür, so dass wir schreiben lassen müssen. Natürlich werden die Vokalisten auch in einem Bigbandkonzert a capella auftreten. Das ist ein wunderbarer Kontrast.
Frage: Gab es für diese Kombination bereits Proben oder öffentliche Auftritte?
Diefenbach: die Sänger waren bei unserer China-Tournee dabei. Das ist ein guter Start gewesen, aber es wird demnächst mehr geben.
Internet: www.landesjugendjazzorchesterhessen.de
CD:
25 Years Kicks and Sticks – Landes Jugend Jazz Orchester Hessen
A Tribute to Kenny Napper
Mons Records MR 874 501
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