Unorthodoxe Blasmusik : „Heavy Bones“ überschreiten Grenzen

Fünf Posaunisten stießen beim „Club Alpha 60“ zugkräftig ins Horn. Unterstützt von einer rasanten Rhythmusgruppe vollführten sie eine kurzweilige Weltreise.

Schwäbisch Hall. Von dem Posaunisten Bernhard Vanecek aus der Rhein-Main-Metropolregion darf man stets unorthodoxe Projekte und überraschende Performances erwarten. In Schwäbisch Hall konzertierte er bereits in der Kunsthalle Würth, in der Hospitalkirche und auch im Club Alpha 60, wo er nun als Novum vor einem beglückten Publikum seine Band „Heavy Bones“ präsentierte. Im „Posaunenensemble aus Mannheim“, wie es auf der Visitenkarte heißt, beteiligen sich neben dem 1975 in Frankfurt/Main geborenen Vanecek an der Bühnenrampe noch seine Instrumentalkollegen Benedikt Krauß, Mark Pflaumbaum, Georg Beisel und Max Strauch. Anstelle des Sousaphon-Spielers Lukas Nahm war nun nicht weniger tiefgründig die harmonische Basis markierend der Tubist Leo Diehm dabei, und komplex polyrhythmisch gingen an Schlaginstrumenten Rainer Kircher und der aus Bulgarien kommende Tayfun Ates zu Werke.

Der Schmelztiegel New Orleans, der mit seinen „marching bands“ auch den jungen Louis Armstrong prägte, diente als bluesiger Ausgangspunkt einer vergnüglichen Weltreise der musikalischen Art. Stationen des aufregenden Trips waren da beispielsweise noch Norwegen, Frankreich, Indien, der Kongo und die Karibik.

Bei einer Feature-Nummer für den ansonsten Darabukka und Rahmentrommel schlagenden Tayfun Ates, der hier ein in der Schweiz entwickeltes Metallschlaginstrument namens Hang traktierte, dirigierte Bernhard Vanecek seine versierten Mitstreiter quasi improvisatorisch. Hierbei erinnerte er an die Aktion „Handwork“, bei der Professor Bernd Konrad sein Jugendjazzorchester Baden.-Württemberg und andere Ensembles notenfrei nur mit Gesten steuerte – stereophonische Effekte inklusive.

Es funkte, groovte und swingte – und Bandleader Bernhard Vanecek gefiel (sich) als Entertainer und Vokalist. Ansonsten war der Bläser auf seiner messingmatten „Trombone“ einmal wieder schwer auf Zack. Die Zuhörer im Club hatten an dem vergnüglichen Mitmachabend ihren Spaß und sangen inbrünstig den Spiritual „Swing Low, Sweet Chariot“ mit (den Dizzy Gillespie ja einst „autophil“ sprachlich zu „Swing low, sweet Cadillac“ ummodelte). Ohrengefällig geriet die Darbietung von „Heavy Bones“ allemal – ohne ins Seichte abzufallen. Eingestreute Dissonanzen und Mikrointervalle lösten sich stets in Wohlgefallen auf.

Übrigens: Fünf Posaunisten in einer Combo – dies bedeutet einen vorläufigen Rekord. Zuletzt war in Hall ein spezielles Posaunen-Ensemble übrigens Anfang Februar 2002 zu erleben: Bei einer Veranstaltung des Clubs Alpha 60 jazzten damals in der Hospitalkirche unter dem Namen „Trombonefire“ Hermann Breuer, Johannes Herrlich, Adrian Mears und Eberhard Budziat in der „front line“. 1981 führte der als Posaunenweltmeister apostrophierte Albert Mangelsdorff mit den „Trombone All Stars“ zusammen mit Jiggs Whigham, Bill Watrous und Kai Vinding ein spezielles Gipfeltreffen durch. Aber da kamen eben nur vier Tenorblechbläser zum Zuge… Organisiert wurde das Konzert mit den „Heavy Bones“ von Wolfgang Kronmüller. 1968 hörte er in der Hospitalkirche als Teenager Albert Mangelsdorff und war von dessen Posaunenspiel sehr angetan. Nach seiner Pensionierung erst nahm er auf diesem Instrument Unterricht. Engen Kontakt pflegt Wolfgang Kronmüller auch zu den Stuttgarter Posaunisten Tilman Schaal und Eberhard Budziat. Mit Bernhard Vanecek hat er in Hall schon mehrere Konzerte inszeniert. Die „Heavy Bones“ spielten in der Spitalmühlenstraße noch vier Zugaben. Das letzte Stück war Joe Zawinuls populärer Hard-Bop-Reißer „Mercy Mercy Mercy“ als Dankeschön für das „tolle Schwäbisch Haller Publikum“ (Bernhard Vaneck). Nicht nur Wolfgang Kronmüller konnte zufrieden sein.

Text und Fotografie von Hans KumpfKumpfs Kolumnen

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