Heile Musikwelt mit perkussiven Kratzern
1999 gründete Bernhard Schüler in Kassel das schnell preisgekrönte Ensemble Triosence. 2013 gastierte der Pianist noch mit der Urbesetzung auf der Comburg – nämlich mit Ingo Senst (Bass) und Stephan Emig (Schlagwerk). Beim Jazz-Art-Festival 2015 wurde der Letztgenannte kurzfristig durch den polnisch-russischen Badenser Bodek Janke ersetzt, 2017 war dann in der Hospitalkirche der kubanische Kontrabassist Omar Rodriguez Calvo neu dabei. Bernhard Schüler favorisiert Drummer mit einem formidablen Faible zum Perkussiven. Mit dem zunächst unscheinbar wirkenden aber dann ungeheuer gewitzt und filigran aufspielenden Tobias Schulte (den man schon Ende 2015 in Hall bei der Jazztime-Reihe mit dem Pianisten Edgar Knecht hören konnte) ist ihm da ein echter Coup gelungen.
Der soundsensible Schulte beteiligte sich bereits bei der zum 20-jährigen Bandjubiläum produzierten CD „Scorpio Rising“ samt anschließender monatelanger Geburtstagsfeiertour. Geblieben ist die bewährte Konzeption der Band: Die sanglichen Melodien und die Harmonieverläufe kommen einem oft irgendwie bekannt vor – ohrenwohlgefällig geben sich die kurz gehaltenen Eigenkompositionen des Bandleaders allemal. Doch bei Auftritten vor Publikum erlaubt sich das mit viel Gefühl bestens aufeinander eingestimmte Trio ausgiebige Soloexkursionen, welche reizvolle Überraschungen bergen können.
So bewährte sich bei dem vom Konzertkreis Triangel und dem städtischen Kulturbüro verantworteten Abend der seinen korpulenten Kontrabass wieselflink und vibratoreich zupfende und streichende Omar Rodriguez Calvo, inzwischen in Hamburg heimisch geworden. Noch einfallsreicher improvisierte Tobias Schulte über das konventionelle Drumset hinaus polyrhythmisch auf seinem länderübergreifend eingesammelten Perkussionskleinkram. Er brachte außerdem noch einen handelsüblichen Ventilator zum hörbaren Schwingen, traktierte theatralisch derb ein kleines Plastikschwein und ließ dieses jammernd quietschen. Diesen Gag kennt man in Schwäbisch Hall durch etliche Performances des Ludwigshafener Perkussionisten Erwin Ditzner. Kleine kratzbürstige Zwischentöne gegen ein allzu glattes Oberflächenmusizieren.
Text und Fotografie von Hans Kumpf – Kumpfs Kolumnen