Quartett „Prisma“ und Bassist David Friesen in der Dieselstraße

Esslingen – Zum Doppelkonzert lud der „Jazz in der Dieselstraße“. Als Hauptattraktion diente hierbei der amerikanische Kontrabassist David Friesen, geboren 1942 in Tacoma, Washington. Dem Quartett „Prisma“ von der Stuttgarter Musikhochschule fiel die Aufgabe zu, den Abend zu eröffnen. Der Nachwuchs und der Profi wandelten hierbei auf ähnlichen musikalischen Wegen: Lyrische Momente waren allenthalben angesagt.

Altsaxophonist Andreas Francke studiert bei Bernd Konrad, Gitarrist Joachim Ambros lernt bei Werner Acker, Bassist Florian Dohrmann läßt sich die Kniffe von Günter Lenz zeigen, und Schlagzeuger Eckard Stromer hat sowohl Manfred Kniel als auch Klaus Treßelt als Lehrmeister. Modal im harmonischen Vorgehen, moderat in den Tempi – so gibt sich das „Prisma“ genannte Ensemble und läßt in seiner recht coolen Konzeption viele reizvolle Facetten aufleuchten. Die Bandmitglieder haben ihre Eigenkompositionen genau formuliert. Da wechseln barockale Einsprengsel in Bebop-Phrasen, eine Sarabande klingt an, Spanisches wird zitiert. Motivisch eng verwoben sind die improvisatorischen Aktionen und Reaktionen, ein freundliches Miteinander und eine Gruppen-Disziplin herrschen vor. Süßlich-kultiviert wie einst Paul Desmond haucht Andreas Francke ins Horn, während Joachim Ambros im Laufe des Sets immer forscher in die Saiten greift und schließlich ein Feedback auf Jimi Hendrix aufheulen läßt.

David Friesen erschien nicht, wie angekündigt, als Solist – sondern in Duobesetzung. Freilich hatte die deutsche Geigerin Ulrike Dinter nur dienende Funktion – Friesen dominierte deutlich. Viele bereits von Platten her bekannte (Solo-)Kompositionen wurden nun neu variiert, beispielsweise „Song For My Sons“, „Ancient Kings“, „Early Morning Rises“, „Long Trip Home“ und „Flight Of The Angels“. Eine nachhal(l)tige, stimmungsvolle Musik, die sich mal auf das europäische Kulturerbe bezieht und dann weltmusikalisch vielschichtig tönt. Aus der elektronischen Trickkisten werden da mal geschwind balinesische Gamelan-Klänge gezaubert, und trickreich behandelt David Friesen seinen vom Korpus befreiten und daher leicht zu transportierende Kontrabaß mit Elektronik-Anschluß. Da markiert er mit der rechten Hand auf der tiefen E-Saite einen Orgelpunkt, während der Virtuose linkshändig mittels „Touch-Technik“ Melodien anschlägt: Zwiesprache mit sich selbst, ein Solist mit eigener Begleitung. Schließlich taugt das (wenige) Holz sozusagen noch als Perkussionsgrundlage. Stets hat der Bassist auch seine japanische Shakuhachi-Flöte dabei und bläst luftig Meditatives.

Nur selten heraus ragte die Violine von Ulrike Dinter, die in Esslingen übrigens auf einen Synthesizer verzichtete. Remiszenzen an die Solo-Partiten von Johann Sebastian Bach, folkloristische Unbekümmertheit, pralle Doppelgriffe, „arco“ und „pizzicato“, ausgedehnte „tremoli“ – die Berlinerin lieferte das Fundament für die Solo-Exkursionen des US-Stars.

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