KORNWESTHEIM – Seit 1990 bietet Kornwestheim kontinuierlich jeweils an einem Samstag Mitte März ein besonderes Spektakel: eine „Jazz-Aktion“ mit mehreren Bands bei freiem Eintritt. Bei dem oft massenhaften Auftrieb US-amerikanischer Stars vergißt man oft die unabdingbare Basis und den heimischen Nachwuchs. In diese Lücke des Kulturangebots stößt in der Region nördlich von Stuttgart dieses „Eintagesfestival“ – wahrhaftig keine „Eintagsfliege“. Die Idee ist lobenswert und erfolgreich: da kein Eintrittsgeld verlangt wird, werden auch Leute angelockt, die ansonsten für Jazz kaum Finanzen flüssig hätten und nun durch „Zufallsbekanntschaften“ doch noch zu dieser Musik finden können. Zudem wird dem swingenden Nachwuchs der Umgegend die Chance gegeben, sich öffentlich zu präsentieren. Freilich treten jetzt zunehmend mehr schon arrivierte Künstler auf – und sind ebenfalls mit der relativ geringen Gage zufrieden. Wiederum hatte der heftige Besucherandrang im „Haus der Musik“ einen Nachteil: eine furchtbar schlechte Luft allenthalben. Trotzdem herrschte rein musikalisch eine freundliches und lockeres Klima.
Den Anfang machte heuer traditionsgemäß ein Jazzorchester, nämlich die „High’n’Mighty Big Band“. Das von Frank Kroll geleitete Ensemble der Musikschule Korntal-Münchingen hatte 1996 beim Landeswettbewerb „Jugend jazzt“ einen 2. Platz errungen. Nun wurde weniger avantgardistisch ambitioniert musiziert und mehr unterhaltungsreich geswingt. Da paßte mit weichem Timbre die Sängerin Fola Dada mit den Ohrwürmern „I’ve Got You Under My Skin“ und „My Funny Valentine“ gut ins Konzept.
Unkomplizierter Swing ebenfalls mit dem Trio des an der Musikschule Bietigheim-Bissingen lehrenden Pianisten Reinhard Singer. Dichter wurden Rhythmik und Akkorde schließlich bei Dave Brubecks „Blue Rondo A La Turk“.
Weltmusikalisch ging es dann mit der ebenfalls in Triobesetzung aufspielender Formation „Horizonte“ zu. Da trötete Ralf Gaukel fundamental grund- und obertönig ins australische Didgeridoo, Andreas Pastorek schlug melodiös auf die karibische Steeldrum ein und zupfte das brasilianische Berimbau, während Bernd Baur jazzbetont Sopran- und Tenorsaxophon blies. Mögliches Gesamtresultat: Spanischer Flamenco im phrygischen Tongeschlecht.
Ziemlich universell ging es auch bei dem Sextett „Earthwalk“ zu. Der Führung des Schlagzeugers Andreas Zbik ordnen sich hierbei auch die Pianistin Maike Mohr, der trompetende Berklee-Absolvent Achim Rothe und der Baßgitarrist Frerk Schulz-Klein (allesamt ehemalige Mitglieder des Jugendjazzorchesters Baden-Württemberg) unter. Viel Freiraum, um die improvisatorischen Talente aufblühen zu lassen. Drummer Zbik war zudem als Mitglied der Gruppierung „Kronzeugen“ (Musik laut Ankündigung: „TangoChansonReggaeWalzerHipHopSamba“) auf dem Kornwestheimer Programm. Ruth Göhrig spielte einst mit den Saxophonkollegen Bernd Konrad und Hans Koller im Bunde, in die Salamander-Stadt kam sie mit der reichlich elektrifizierten Band namens „Mouse Box“.
Klassisches und Authentisches aus Indien zelebrierten zwei aus Bombay stammende Meister, die derzeit konzertierend in der Partnerstadt Stuttgart weilen: Rafat Khan (Sitar) und Jaffar Khan (Tabla). Als Finale war Südamerikanisches angesagt: „Beija Brasil!“. Als Keyboarder fungierte hierbei Michael Uber, emsiger Initiator der Kornwestheimer Jazz-Aktionen.
(Baritonsaxophonist) Dierk Ott und Armin Köhnke sorgten für die gewitzten Texte im Programmheft und bei der Bühnenansage. Das diesjährige Motto hieß (nach „Heißes Pflaster K’heim“, „Kornwestheim wie es swingt und kracht“, „Kornwestheim gibt sich die Ähre“ etc.) „suuper! Jazz Aktion 98“. Und da wurde knitz bedauert, daß dieser swingende Supermarkt nichts mit „HERTIE Hancock“, „Discount Basie“, „SCHLECKER Brothers“, „ALDI Meola“, „NORMA Winstone“, „Peter HORTEN“ , „B.B.Burgerking“ und „Ravioli Shankar“ zu tun habe…