Mit einer außergewöhnlichen Geste beendete Matthias Schriefl den gelungenen Wettbewerbsabend in der Alten Feuerwache Mannheim – das Preisgeld wird unter allen 16 Musikerinnen und Musikern des Wettbewerbs geteilt.
Es war eine der sympathischsten Veranstaltungen in der Reihe Neuer Deutscher Jazzpreis seit dem Beginn im Jahr 2006. Bei der vierzehnten Ausgabe konnte am Ende der Trompeter Matthias Schriefl nicht nur den Solistenpreis ergattern, sondern er gewann auch mit seiner Formation Shreefpunk plus Strings die Gunst des abstimmenden Mannheimer Publikums, und damit Bandpreis. In der Band: Matthias Schriefl (tp, flh, bflh, tuba, alphorn, voc), Alex Eckert (git, ukulele, voc), Alex Morsey (b, tuba, voc), Claudia Schwab (vl, voc), Marie-Theres Härtel (va,voc), DeeLinde (cello, voc), Sebastian Merk (drums).
Der Neue Deutsche Jazzpreis hat sich seit seinen Anfängen zu einer Erfolgsgeschichte gemausert: die Alte Feuerwache war an beiden Wettbewerbsabenden voll. Die Organisatoren präsentieren sich und die Veranstaltung in feinem Zwirn, und die Stimmung konnte nicht einmal durch eine mit einigen Schoten gespickte Erbauungsrede zum Thema „Frauenwahlrecht und Jazzgeschichte“ seitens der Vertreterin der Stadt Mannheim getrübt werden („Die erste Frau im Jazz, weltberühmt, ist natürlich Ella…“).
Novum beim Neuen Deutschen Jazzpreis – Sieger teilt mit den Mitbewerbern
Anarchisch wurde das Konzept des Jazzpreises mit einer wunderbaren Geste in Frage gestellt, als Matthias Schriefl sofort nach Verkünden seiner Preisträgerschaft verkündete, dass er den Preis mit den anderen Bands teilen werde. Die Ambivalenz des kompetitiven Wettbewerbsspielens hatte zuvor schon Richard Köster, der Trompeter von Coastline Paradox auf der Bühne kurz angerissen, als er die Stimmung im Backstagebereich augenzwinkernd ansprach, wo die Frage im Raum gestanden sei, ob man trotz des harten Wettbewerbs „Freunde sein könne“.
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Tatsächlich war der Abend auch musikalisch kurzweilig und auf einem sehr erfreulichen – und gleichwertigen – Niveau. Dass es am Ende Shreefpunk plus Strings wurden, dürfte zwar auch an der ungekünstelt Sonnigkeit des Bandleaders und der fröhlich daherkommenden Band gelegen haben. Aber: sie spielten auch einfach gut. Ein Programm zwischen alpenländischer Folklore, lustvoll aufgebrochenen Standards – mit eine hinreissenden Interpretation von „Bewitched, bothered, and bewildered“, die oben erwähnte Ella hätte ihre Freude gehabt – und schräghumorigen Ansagen. Alphorn noch dazu, und schon ist das Publikum bezirzt. Das ist Jazz mit einer Note, wie er sie früher ganz ungeniert haben durfte: spektakuläre Unterhaltungsmusik im besten Sinne. Einige Menschen im Publikum zückten schon das Stimmkärtchen.
Die anderen Bands hatten es gegen diese Erfolgsmischung nicht leicht. Niko Seibolds „Seibolzing “ ließ mehr als aufhorchen. Der Saxophonist ist ein Gewächs der Musikhochschule Mannheim, holte sich den Feinschliff an der Manhattan School of Music bei Jim McNeely und Dave Liebman, und er ist – vorerst – angekommen auf dem Jazzcampus Basel. Das Quartett: international besetzt, mit Raphael Rossé an Posaune und Euphonium, Roberto Koch am Kontrabass und Frederik Heisler am Schlagzeug. Feingesponnene Kompositionen, wunderbare Dialoge zwischen Sax und Euphonium, eine homogene Band, die ganz zurecht im Finale gelandet war.
Ein schönes Beispiel für das überzeugende Konzept den anonym auswählenden Vorjury war die dritte Band auf der Bühne. Das Quintett Coastline Paradox mit Richard Köster (tp,flh), Damian Dalla Torre (ts,bcl), Felix Römer (p), Marc Mezgolits (b), Valentin Duit (d) hat noch nicht einmal eine CD auf dem Markt (die kommt im April heraus). Auch diese Band hat schon die Vorjury und den Kuratoren schlicht durch ihre Musik überzeugt und schaffte das auch live auf der Bühne in Mannheim. Mit Gespür für eingängige Melodien, Sinn für gegenkratzige Einwürfe – junger Jazz at its best.
Kompositionspreis an Benjamin Schaefer
Die Entscheidung war zwar schon am Vorabend gefallen, die Verkündung des Siegers fand aber ebenfalls erst am Samstag statt. Benjamin Schaefer hat die beliebteste Komposition geschrieben, damit 2000 Euro Preisgeld erhalten, und er wird vermutlich der Behauptung nicht widersprechen, dass seine „Konkurrentinen“ kaum weniger den Preis verdient hätten. Mit im Rennen waren Christina Fuchs und des Schreibers Liebling war das Werk von Mareike Wiening.