Nik Bärtsch jazzte solo minimalistisch in Hall


Alle Photos auf dieser Seite: Hans Kumpf 

Das letzte Solo-Klavier-Konzert der Reihe „Jazztime“ gestaltete Ende September 2011 der Stuttgarter Wolfgang Dauner. Nun kam der Schweizer Nik Bärtsch auf Einladung von Jazzclub und Kulturbüro in die Hospitalkirche – mit ganz anderer Musik.

Schwäbisch Hall.– Der am 3. August in 1971 in Zürich geborene Bärtsch wurde einst auf Nikolaus getauft. Heute nennt sich der Pianist nur noch Nik. Aber gerade ausgerechnet am Nikolaustag, dem 6. Dezember, konzertierte er in Hall unter Barockengeln und Aposteln. Zwar bediente sich der eidgenössische Künstler zuweilen antiker Kirchentonarten, aber ansonsten erinnerte sein Recital mehr an die Musik von Steve Reich, Terry Riley und Phil Glass. Diese amerikanischen Komponisten gelten als Protagonisten der „minimal music“, bei der Patterns eben stets wiederholt und geringfügig verändert werden. Freilich gibt es historische Bezüge zur balinesischen Gamelanmusik, die ja auch für den Impressionisten Claude Debussy ein Faszinosum darstellte.

Drei Stücke in einer Stunde, dann noch zwei herbeigeklatschte Zugaben. Mit viel Disziplin und enormer Konzentration ging Nik Bärtsch am Steinway-Flügel zu Werke. Sein klassisches Klavierdiplom und seine Schlagzeuger-Erfahrung kamen ihm dabei zugute.

Sein erstes präsentiertes „Modul“ begann ganz konventionell auf der Tastatur mit Akkordbrechungen im Bassregister, dann dazu eine Melodie im sehr hohen Diskant. Die linke Hand greift kurz in das Innere des Instruments und streicht harfengleich über die tiefen Saiten. Parallel klopft Bärtsch mit einem Schlägel auf Metall.

Hochgeschwindigkeit und – um einen Modeausdruck zu bemühen – „Entschleunigung“ gehen, so paradox dies erscheinen mag, eine harmonische Symbiose ein. Schließlich bricht die Jazzerseele durch: Da tauchen rhythmisch kompakte Riffs auf, akzentuierter Off-Beat und bluesige Phrasen ertönen. Und immer wieder: Präzise Eingriffe ins Flügelinnere, um die klaren Klavierklänge mit subtilen Sounds anzureichern.

Die Saiten dämpft Bärtsch nicht nur mit dem linken Pedal ab, sondern auch mit der bloßen Hand – und mit einer flexiblen Knet-Wurst. Auf langwierige Montagen von kleinen Gegenständen (aus Holz, Metall oder Plastik), die an bestimmten Stellen zwischen den Saiten geklemmt werden, verzichtet er. Dies verlangte John Cage ja bei seiner Version vom „Präparierten Piano“. So vergönnt sich Nikolaus „Nik“ Bärtsch trotz streng konstruierter Konzeption das nötige Quantum an Spontaneität.

Ein Konzert am Nikolausabend, welches einen außerordentlichen Aufmerksamkeitsgrad erforderte – das aber nichtsdestoweniger begeisterte. 

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