Der Schlagzeuger Eric Schaefer bot mit seinem Quartett „The Shredz“ in Hall elektronifizierte Musik

Keine Angst vor Wagner und Stockhausen

Dietmar Winter, unermüdlicher Vorsitzender vom örtlichen Jazzclub, hat Eric Schaefer schon mehrfach nach Schwäbisch Hall geholt. So trommelte dieser Anfang 2009 hier in den Gruppen des Gitarristen Arne Jansen sowie des Pianisten Carsten Daerr und 2013 – beim Jazz-Art-Festival – im Trio des arrivierten Pianisten Michael Wollny. Nun kam Schaefer mit einem eigenen Quartett, das er „The Shredz“ nennt. Mit dabei sind noch der Bremer Trompeter John-Dennis Renken, der Berliner Keyboarder Volker Meitz und der Hamburger Bassgitarrist John Eckhardt. Mit „Bliss“, vom Englischen übersetzt bedeutet dieser Begriff „Glückseligkeit“, ist deren neuester Tonträger betitelt.

Aber Eric Schaefer stellte erneut die längst auf CD verewigte Frage „Who is afraid of Richard W.?“ und ließ mittels heroischen Blechgebläses markante Melodien aus Wagners „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ als Soul-Rock-Ballade erschallen. Außerdem bearbeitete der Drummer die fantastische Sonate „Après une Lecture de Dante“ des romantischen Tastenlöwen Franz Liszt. Der 1976 in Frankfurt geborene Schlagwerker studierte in Köln übrigens bei keinem Geringeren als Christoph Caskel, der als Interpret von Werken des Avantgarde-Komponist Karlheinz Stockhausen berühmt wurde. Schaefer setzt dabei noch reine Elektronik ein – aus einem mit vielen Drehreglern bestückten Holzkistchen zaubert er elektronische Musik, wie sie Stockhausen in den 1950er Jahren produzierte – samt sirenenhaftem Sinusgenerator und knarrendem Rechteckzahngenerator. Zuweilen drischt Schaefer auch knallhart auf sein Drumset ein – doch seelenloser Techno entsteht da noch lange nicht.

Da interagiert der Bandleader gerne mit dem unkonventionellen Bassgitarristen John Eckhardt, der einen Fünfsaiter zur Verfügung hat. Ebenfalls reichlich elektrifiziert ist die Trompete von John-Dennis Renken, der sich sowohl an Miles Davis („Bitches Brew“) und den norwegischen Impressionisten Nils Petter Molvaer als auch an Manfred Schoof mit seinen freejazzigen Legato-Linien zu orientieren vermag. Keyboarder Volker Meitz konzentriert sich auf zwei hochtechnisierte Tasteninstrumente („Roland VK-7“ und „Novation 61SL Mkii“), aus denen er beispielsweise Perkussionseffekte, Gongklänge als auch synthetische Sphärenmusik herausholt. Ansonsten ist die kleine Bühne übersät von Kabeln, Pedalen, diversen elektronischen Hilfsgeräten und Notebooks.

Aus der neuen „Bliss“-CD wurden den 60 Zuhörern in der Hospitalkirche ausgewählte Stücke wie „Long Jam“ und „Barber“ geboten, aber auch „Oistrakh“ (bezogen auf den Geiger David Oistrach) und „No Bottom on Top“, das Schaefer spontan dem am 22.1.2017 verstorbenen „Can“- und Schoof-Schlagzeuger Jaki Liebezeit widmete. Beim letzten Saison-Konzert der aktuellen „Jazztime“-Reihe insgesamt eine doch abwechslungsreiche Musik, in die sogar zeitweise Kinderliedhaftes und südamerikanisches Idiom integriert wurden.

| Kumpfs Kolumnen

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