Musikalisches Glück bei den Jokers
Schwäbisch Hall. Vor einem knappen Jahrzehnt erregte das französische Duo des Saxofonisten Emile Parisien und des Akkordeonspielers Vincent Peirani für weltweites Aufsehen. In getrennten Formationen konnte man die beiden Innovatoren dann in der Haller Hospitalkirche erleben. Peirani trat 2019 beim Jazz-Art-Festival in Quintettbesetzung an und empfahl sich für ein weiteres Konzert. „Jokers“ nennt er seine aktuelle Formation. Dem am 24. April 1980 in Nizza geborenen Künstler stehen nun der italienische Gitarrist Federico Casagrande und der israelische Schlagzeuger Ziv Ravitz zur Seite.
Dieses Trio hat während der Pandemie ausgiebig im Studio gearbeitet und dort mit viel Elektronik gewerkelt. Bei einer live-Performance kommt digitales Beiwerk zwangsläufig kaum zum Zuge. Relativ wenig wurde nun in der vollbesetzten Hospitalkirche aus Laptop-Speichern abgerufen oder von den Instrumenten in Echtzeit transformiert. Unbekümmert geht man heutzutage ohnehin mit Sinus, Sägezahn-Generator, Rauschen und Delays um. Was Karlheinz Stockhausen einst avantgardistisch erforschte, gehört mittlerweile zur Alltagskultur. Weite Klanglandschaften und Sound-Skulpturen wurden auch von der Pop-Kultur vereinnahmt und akzeptiert.
In Frankreich kam der vielzitierte Begriff der „imaginären Folklore“ auf – und bei all den neutönerischen Effekten schimmert bei Peirani auf seinem komplexen Knopfakkordeon stets global Volkstümliches durch. Mit „Salsa Fake“ begann der gemeinsam vom Jazzclub und Kulturbüro veranstaltete Abend, und später tauchten wiederholt reizvolle Rhythmen sowie nah- und fernöstliche Skalen auf. Gitarrist funktionierte seinen konventionellen Sechssaiter gerne tiefsttönig zu einem harmonischen Bassinstrument um und erinnerte andererseits zuweilen an Jimi Hendrix und Carlos Santana.
Der martialische Hit „This Is the New Shit“ der amerikanischen Rockband Marilyn Manson wurde eingebettet in den betulichen Song „River“ der englischen Vokalistin Bishop Briggs und die sizilianische Canzone „Ninna Nanna“. Die drei Jokers vermochten handfest zu rocken als auch Differenziertes zu entwickeln. Eine breite Skala in Dynamik und Ausdruckswerten. Am weitgehend konventionell bestückten Drumset bewährte sich Ziv Ravitzs ohne circensisches Gebaren polyrhythmisch als zuverlässiger Timekeeper und ließ auch auf den Trommelfellen mal gewitzt die „talking drums“ sprechen. Für den überaus herzlichen Applaus bedankte sich die Band mit der kreativen Cover-Version von „Copy of A“ („Nine Inch Nails“).