Wolfgang Dauner, der gutmütige Steinbock


Alle Photos auf dieser Seite: Hans Kumpf 

Ein gut gefülltes Haus und ein begeistertes Publikum: Nach zehn Jahren spielte Wolfgang Dauner wieder solo in der Haller Hospitalkirche. Ende der 60er Jahre hatte der damalige musikalische Unruhegeist mit seinem Trio mehrmals beim jungen Club Alpha 60 in den Ackeranlagen gastiert.

Schwäbisch Hall.- Seine Komposition „Wendekreis des Steinbocks“ fehlt wie – sein furioser „Trans Tanz“ – fast nie bei den Auftritten von Wolfgang Dauner. Der Stuttgarter Pianist von Weltgeltung ist im Tierkreiszeichen „Capricornus“ geboren – eben am 30. Dezember 1935. Schon im zweiten Kalenderjahr feiert der komponierende Tastenkünstlerausgiebig und ausdauernd seinen 75. Geburtstag: Auf Festivals, Konzertbühnen sowie mit CD, DVD und Biografie-Buch. Nach seinem 1999 erlittenen Schlaganfall grenzt an ein glückliches Wunder, dass Dauner wieder so munter musikalisch agieren kann. Seine 1991 geehelichte Frau und Managerin Randi Bubat denkt jetzt bereits an die Festivitäten zu dessen 80. Geburtstag…

Symptomatisch beim „Wendkreis des Steinbocks“ ist Wolfgang Dauners Faible für mit der linken Bass-Hand ausgeführte ostinate Figuren, über die rechtshändig mal blockakkordisch oder mit gebrochenen Akkordlinien sequenzierend improvisiert wird und zuweilen auch irisierende Klanggebilde entstehen können. Eingestreute „bluenotes“sorgen im romantisch-impressionistischen Metier für die nötige Jazz-Würze. 

Einen echten Blues interpretierte Dauner in der barocken Hospitalkirche nicht, da konzentrierte er sich lieber auf Balladen – selbstgemacht oder gecovert. So ließ er beispielsweise Chet Bakers Paradenummer „My Funny Valentine“ mit den schönen Moll-Changierungen oder Jerome Kerns „Yesterdays“ erklingen. Diesen unvergänglichen Standard (nicht zu verwechseln mit „Yesterday“ der Beatles!) hatte er schon 1964 auf seiner allerersten LP „Dream Talk“ eingespielt. Und das Titelstück dieses historischen CBS-Vinyls zelebrierte Wolfgang Dauner auch im Haller Konzert, allerdings mit einem behutsam „prepared piano“. Dass die Instrumentalisten im Flügelinneren hantieren oder die Saiten mit Gegenständen abdämpfen, um das Soundspektrum zu erweitern, bedeutet heutzutage ja nicht mehr eine John-Cage-Provokation, sondern gehört mittlerweile zum seriösen und guten Ton.

Bereits im wiederborstigen Club Alpha 60 huldigte Dauner zwischen seinen Happening-Beiträgen den unvergänglichen Melodien von George Gershwin. In der Hospitalkirche gestaltete er ein Medley aus dessen 1935 vollendeter Volksoper „Porgy&Bess“ – beginnend mit dem frechen „It Ain’t Necessarily So“ und endend mit dem eigentlichen Wiegenlied „Summertime“. 

Wolfgang Dauner präsentierte sich am Flügel und in seinen Ansagen als gutmütiger „Steinbock“. Der provozierende Hitzkopf von einst ist längst zum coolen Kulturmenschen mutiert – samt Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Der humorvolle Jubilar erzählte von seinem Künstlerleben und konnte dabei den Posaunenweltmeister Albert Mangelsdorff (der am 14. Januar 1968 unter den Barockengeln und Aposteln mit seinem legendären Quintett jazzte) nicht unerwähnt lassen. Von seinem langjährigen Duo-, Combo- und „United Jazz + Rock Ensemble“-Partner brachte er dessen „Wheat Song“ zu Gehör. 

Gleich beim ersten Stück des Abends erinnerte Wolfgang Dauner an seine vielfältigen Kooperationen mit dem Argentinier Dino Saluzzi mit zeitweiliger Wahlheimat Waiblingen. Der Bandoneon-Virtuose wird in der nächsten gemeinsamen „Jazztime“-Veranstaltung des Jazzclubs Schwäbisch Hall und des Kulturbüros auftreten, nämlich am Mittwoch, 19. Oktober 2011, ebenfalls in der einmaligen Hospitalkirche.

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