„Two Worlds – One Music“ – Skoda All Star Band im Konzert mit der Trierer Philharmonie, 20. September 2007

Harmonie prägt diesen Abend in Trier, die auch der zuweilen harte und attackierende Anschlag der Pianistin Katrin Reifenrath in Edvard Griegs „Konzert für Klavier und Orchester A-Moll, Opus 16“ oder die kraftvollen Improvisationen der Skoda All Stars nicht brechen können – und sicher auch nicht wollen. Als geglückt erweist sich die Zusammenstellung des Programms von Edward Elgars sinfonischer Dichtung „In The South“ und Griegs Klavierkonzert als Counterpart zu der Uraufführung von „Two Worlds – One Music“ – jenem Projekt, das der Komponist, Arrangeur und Bigand-Leader Michael Gibbs sowie der Leiter der Skoda All Star Band, der Trompeter Uli Beckerhoff, gemeinsam aus der Taufe gehoben haben. Geglückt ist auch die Zusammenarbeit des Philharmonischen Orchesters der Stadt Trier mit der Allstar-Jazzband, die von gegenseitigem Verständnis geprägt ist und deshalb auch jegliche Disharmonie im doppelten Sinne vermeiden kann.

Ungewohnte Instrumentenmischungen sowie die daraus resultierenden Klangverschränkungen waren schon jeher ein Charakteristikum der Gibbs´schen sinfonischen Bearbeitungen von Materialien des Jazz. Seine Vorliebe für Lyrizismen erinnern auch an diesem Abend in Trier an die Orchestereinspielungen der coolen Phase von Gil Evans. Und so bleibt es nach Elgarund Grieg bei soften Sounds, bei vielschichtigen Klangflächen, ein wenig impressionistisch, pastellfarben, transparent und doch aufregend im Zusammenklang von Jazzband und Orchester, in den Bop-Ausflügen der Solisten sowie vor allem in der virtuosen Stimmführung und in den experimentellen, Free-Vokalisen der beiden Sängerinnen Norma Winston und Maria Pia de Vito. 

„Ich gehe vom Jazzdenken aus, verwende aber alles, was mir gefällt, ganz gleich aus welcher Musik dieses oder jenes stammt“, hat Gibbs einmal bekannt. „Jede Musik ist für mich Fusion.“ Seine einfach klingenden, aber dennoch dichten Arrangements bekannter Songs von Sting und Joni Mitchell, aber auch der verzwickten Kompositionen der Sängerin de Vito, des Trompeters Beckerhoff oder des französischen Gitarristen Philip Catherine scheinen den Musikern der Trierer Philharmonie zu liegen – von denen einige zudem über Crossover-Erfahrungen verfügen. „Two Worlds – One Music“ wandelt sich so zu einem Erlebnis, das dem Bekenntnis gerecht wird.

Mit seinem strahlenden und dennoch warmen Solo auf dem Flügelhorn spannt Uli Beckerhoff in Fred Herschs „Child Song“ weite Melodiebögen, die von perlenden Single-Note-Einwürfen des Pianisten Glauco Venier unterbaut werden. Das Solo klingt sanft aus und wird von einem zweistimmigen, swingenden A-Capella-Scat-Gesang aufgefangen. Matthias Nadolny bläst das Tenorsaxophon mit sonorem, abgerundetem Ton, zu dem das filigrane Saitenspiel von Peter O´Mara kontrastiert. Mit klarer Kopfstimme interpretiert Norma Winston Joni Mitchels „Blue“, Maria Pia de Vito singt ihr neapolitanisches Lied „Scuggnizeide“ über die Straßenjungen vor einem Orchesterarrangement mit Filmmusik-Touch. Catherines „Nairam“ zieht einen Teil der Spannung aus den ostinaten Piano-Melodiefiguren und O´Maras Gitarrenkürzeln hinter Nadolnys Tenorsaxophon-Solo und den dunkel timbrierten Streichersätzen. Gunnar Plümer zupft im Solo harmonisch aufregende Bass-Linien, während in allen Stücken Bruno Castellucci mit präzisem Time und dennoch schwebend leicht wirkender Trommelarbeit das Metrum vorgibt.

Wer zu Konzerten der Skoda All Stars kommt, der weiß, dass er weder Free-Jazz noch Neutönerisches erwarten darf. Das Konzept Uli Beckerhoffs greift eher auf die moderne Jazz-Klassik zurück. Wie zeitlos und zugleich zeitgemäß dies ist, beweist ein Stimmexperiment de Vitos, die mit Loops, Schleifen, Hall, Echo und Sampler-Elektronik mit sich selbst im Duett scattet und das sich bruchlos in das Programm einfügt. Stimmakrobatik mit Singen, Schnalzen, Gurren, Scatten und verhaltenem Aufschrei prägt Winstons Interpretation von Kenny Wheelers „How It Was Then“. Die Engländerin zerdehnt die Silben, löst sie auf, reduziert die Melodie auf den harmonischen Kern und fügt alles wieder zusammen. Pianist Venier schichtet nach kurzen rasenden Läufen komplexe Akkordblöcken auf einander, und wie das Konzert insgesamt mit Beckerhoffs Ballade „She Speaks Her Name“ und Stings „A Thousand Vears“ endet, lässt Norma Winston die Wheeler-Komposition mit hingetupften Tönen sanft ausklingen.

Vor zwei Jahren hatten bei einer Begegnung in Essen Beckerhoff und Gibbs dieses Projekt „Two Worlds – One Music“ angedacht. Im März dieses Jahres begann der 69-jährige Komponist mit der Arbeit an den Arrangements, nachdem Beckerhoff ihm einen Termin bis Ende Juni gesetzt hatte. Das Ergebnis, das dem Publikum anlässlich des Ereignisses „Luxembourg und die Großregion – europäische Kulturhauptstadt 2007“ in Trier und einen Abend später in Luxemburg präsentiert wurde, ist den Erwartungen gerecht gewoerden.

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