SWR2 – Jazz-Programm Mai 2021

Besonders empfehlenswert im Mai-Programm bei SWR2 gleich zu Beginn ein Beitrag von Bert Noglik (1. Mai) über die fantastische Carla Bley, die sich schon zu einer Zeit ohne Quote und Gendern in der Jazzszene ihren bedeutenden Platz als Komponistin und Pianistin erobert hat. Am 4. Mai gibt es eine Sendung von Julia Neupert mit dem Titel „Electrification“ über Jazz bei den Donaueschinger Musiktagen. Nina Polaschegg widmet sich dem hochaktuellen Thema „Konzert versus Stream“ am 7. Mai. Am 15. Mai gestaltet Hans-Jürgen Schaal eine Sendung über den großen Posaunisten Albert Mangelsdorff und Gerd Filtgen spielt am 30.5. Musik des Klarinettisten Barney Bigard.

Samstag, 1. Mai, 22:03 – 23:00 Uhr
SWR2 Jazztime
Romantik und Rebellion – Die Jazzkomponistin und Pianistin Carla Bley
Von Bert Noglik

Sie ist mit Leib und Seele Jazzkomponistin und zwar mit der Betonung auf beiden Hauptworten: Jazz und Komposition. Carla Bley, die Dame mit der Löwenmähne, die ihre Bands oft vom Klavier aus leitet, tritt mit ihrem Lebensgefährten, dem E-Bassisten Steve Swallow, sowie dem Saxofonisten Andy Sheppard auch als originäre Pianistin hervor. Ihr Schaffen reicht von skurrilen Miniaturen bis zum Monumentalen, entzieht sich der Kategorisierung und spottet der eindimensionalen Beschreibung. Humor und Ironie sind ihr ebenso zu eigen wie eine tiefe Liebe zu Amerika. Am 11. Mai wird Carla Bley 85 Jahre alt.

Bilder vom Konzert des Carla Bley Trios bei Enjoy Jazz 2013

Sonntag, 2. Mai, 19:30 – 20:00 Uhr
SWR2 Jazz
True Blue – Der amerikanische Gitarrist Jimmy Ponder
Von Gerd Filtgen

Für Jimmy Ponder war es ein prägendes Ereignis. Während eines Clubauftritts von Wes Montgomery durfte er ein Stück auf dessen Gitarre spielen. Der legendäre Musiker war vom Spiel des gerade erst 18-jährigen Ponder beeindruckt und bestärkte ihn in seiner im Soul Jazz geerdeten Konzeption. Von Montgomery übernahm Ponder die Technik, anstelle eines Plektrums, das von den meisten Gitarristen zum Zupfen oder Anschlagen der Saiten verwendet wird, mit dem Daumen zu spielen. Wie gut dieser Sound speziell zu Orgel-Combos passte, demonstrierte Jimmy Ponder auf zahlreichen Aufnahmen.

Dienstag, 4. Mai, 20:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session
Jazz bei den Donaueschinger Musiktagen (2) Electrification – Von Soft Machine bis Rdeča Raketa
Von Julia Neupert

Die Donaueschinger Musiktage feiern in diesem Jahr ihr 100. Jubiläum. 1921 wurde das Festival „zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst“ gegründet, ein halbes Jahrhundert später bekam der zeitgenössische Jazz hier einen regelmäßigen Spot. In den kommenden Monaten präsentieren wir einen Querschnitt der historischen Jazzkonzerte bei den Musiktagen – in dieser Sendung liegt der Fokus auf „elektrifizierten“ Jahrgängen mit Auftritten von „Soft Machine“ über „Phantom Orchard“ bis hin zu „Rdeča Raketa“.

Donnerstag, 6. Mai, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz Magazin
Von Thomas Loewner

Neues aus der Welt des Jazz wird im NOWJazz Magazin von SWR2 regelmäßig präsentiert. Wie immer erwarten Sie in dieser Sendung Informationen über bevorstehende Events, Rezensionen über Festivals, Buchbesprechungen und jede Menge brandneuer Alben.

Freitag, 7. Mai, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz
Konzert versus Stream – Wie wir Musik digital anders erleben
Von Nina Polaschegg

So spannend und wichtig rein medial vermittelte Erlebnisse auch sind, ein Konzertbesuch ist und bleibt etwas anderes. Worin der Unterschied liegt und welch ganz unterschiedliche Faktoren daran beteiligt sind, diesen Fragen geht die heutige Sendung nach. Ob technische oder (hör)psychologische Aspekte, die Atmosphäre eines Raumes oder der Energiefluss zwischen Künstler und Publikum: All dies trägt zu einem gelungenen Konzert bei. Und wirkt letztlich auch wieder zurück auf Radiosendungen oder Live-Streamings.

Samstag, 8. Mai, 22:03 – 23:00 Uhr
SWR2 Jazztime
The History of Jazz – Die Pianistin und Komponistin Mary Lou Williams
Von Karsten Mützelfeldt

Spirituals, Ragtime, Swing und Bebop, die Pianistin schrieb Messen, arrangierte für Big Bands und experimentierte mit der Avantgarde. Mary Lou Williams’ Spiel atmete Jazz-Geschichte. 1910 geboren, kooperierte sie mit Andy Kirk, Benny Goodman, Duke Ellington und Dizzy Gillespie und spielte sogar ein Duo mit Cecil Taylor: Kaum jemand kann eine vergleichbare Bandbreite an Stilen für sich beanspruchen. Sie gehörte zu den Ersten, die eine eigene Plattenfirma gründeten. Ihr Leben lang sozial engagiert, war Mary Lou Williams zudem eine Wegbereiterin der Gleichberechtigung von Frauen im Jazz.

Dienstag, 11. Mai, 21:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session
My Favorite Discs – Monica Zetterlund
Von Bert Noglik

Man könnte glauben, sie sei ein gut gehütetes Geheimnis der europäischen Jazzgeschichte: die schwedische Sängerin Monica Zetterlund. Die Aufnahmen, die sie 1960 in New York mit Zoot Sims und Thad Jones machte, galten lange Zeit als verschwunden und wurden erst 36 Jahre später erstmals veröffentlicht. 1964 traf sie in Stockholm mit dem Trio des Pianisten Bill Evans zusammen, den sie mit einer auf Schwedisch gesungenen Vokalversion seines Titels „Waltz for Debby“ begeistert hatte. Ihr gemeinsam in Stockholm aufgenommenes Album fasziniert noch heute mit Coolness, Innigkeit und swingender Eleganz.

Donnerstag, 13. Mai, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz
Back to the Fusion! – Die Band TOYTOY
Von Henry Altmann

Drei Allgäuer und ein Friese haben die Corona-Zeit gerade für eine “Statement Series” produktiv genutzt: mit verschiedenen “Vocal Artists” (darunter Maria João völlig anders als gewohnt) und der NDR Bigband. Ziemlich am Zahn der Zeit und dennoch mit Biss in die Jazztradition überträgt der Hamburger Vierer mit Steuermann Silvan Strauß das Mingus-Prinzip offener Kollektiv-Improvisationen, geschmeidiger Grooves, abrupter Brüche und klangschöner Collagen ins Digitalzeitalter.

Freitag, 14. Mai, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz
Perkussives Nervensystem – Erinnerungen an Milford Graves
Von Niklas Wandt

Im Februar 2021 starb Milford Graves – einer der großen Befreier des Schlagzeugspiels, in den Bands etwa von Giuseppi Logan oder Albert Ayler spielt er ab Mitte der 1960er-Jahre kein festes Metrum mehr, sondern eine freie und vielschichtige Polyrhythmik, die Drums emanzipierten sich von ihrer bloßen Begleitfunktion zu einer gleichwertigen Stimme – das war Avantgarde, zugleich aber auch back to the roots – es ist kein Zufall, dass Milford Graves‘ Spiel, Instrumentarium und Outfits westafrikanisch inspiriert sind. Ein „20th century shaman“, ein Renaissancemensch der Perkussion.

Albert Mangelsdorff - Photo: Frank Schindelbeck
Foto: schindelbeck.art

Samstag, 15. Mai, 22:03 – 24:00 Uhr
SWR2 Jazztime
The Human Factor – Der Posaunist Albert Mangelsdorff
Von Hans-Jürgen Schaal

Lange war Albert Mangelsdorff (1928 – 2005) im In- und Ausland der bekannteste und meistgeschätzte Jazzmusiker Deutschlands. Gleich nach dem Krieg hatte er begonnen, Jazz-Posaune zu spielen, und geriet stilistisch bald unter den Einfluss der kühlen Tristano-Schule. Schon 1962 zählte ihn kein Geringerer als John Lewis (Modern Jazz Quartet) zu den drei besten Posaunisten des Jazz. Immer offen für neue Entwicklungen, erkundete Albert Mangelsdorff später die Welt des Free Jazz ebenso wie die des Jazz Rock. Bis zuletzt war „unser Albert“ eine wichtige Symbolfigur der europäischen Jazz-Emanzipation.

Dienstag, 18. Mai, 21:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session
The American Jazz Quartet 1986 in Stuttgart
Von Gerd Filtgen

Im Jahr 1986 formierten sich vier wichtige Modern Jazz Repräsentanten unter dem Bandnamen American Jazz Quartet für eine Europatournee. Dabei handelte es sich nicht etwa um eine für dieses Vorhaben bunt zusammengewürfelte Gruppe: Schon im Liberation Music Orchestra des Bassisten Charlie Haden, der auch hier mitwirkt, trafen der Saxofonist Dewey Redman, der Gitarrist Mick Goodrick und der Drummer Paul Motian zusammen. In langen, mit exzellenten Improvisationen angereicherten Themen demonstrierten die vier Musiker, wie harmonisch sie miteinander kommunizierten. Ein bravouröses Konzertereignis!

Donnerstag, 20. Mai, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz
Armenische Leidenschaft – Der Pianist Tigran Hamasyan
Von Hans-Jürgen Schaal

Durch den Jazz entdeckte er die Musik seiner Heimat Armenien auf neue Weise. „Jazz war der Auslöser, dass ich erkannte: Ich komme ja aus einer Volksmusik-Tradition.“ Tigran Hamasyans Musik ist durchzogen von der Melancholie armenischer Melodien: „Selbst wenn ich einen Jazzstandard arrangiere, muss er diesen armenischen Ansatz haben.“ Allerdings kennt der Pianist auch noch ganz andere Inspirationen. Schon als 12-Jähriger war er verrückt nach Bebop, später wollte er Thrash-Metal-Gitarrist werden. Seine Musik kennt daher extreme Gegensätze zwischen traurig und heftig – und dies zuweilen innerhalb eines einzigen Stücks.

Freitag, 21. Mai, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz
Arbeit am Mobile – Die Pianistin und Komponistin Ulrike Haage
Von Ulrich Kriest

Musik, Theater, Film, Literatur, Klangkunst – fast schon provozierend vielgestaltig und multimedial sind die Arbeitsfelder, für die Ulrike Haage komponiert. Selbst innerhalb der unterschiedlichen Arbeitsfelder sind noch erstaunliche Ausdifferenzierungen möglich zwischen Improvisation (Vladimir Estragon) und Pop (Rainbirds), zwischen Hörspiel und Hörkunst, zwischen Filmmusiken für Doris Dörrie oder Volker Koepp. Das Porträt fragt nach dem Selbstverständnis einer unabhängigen Künstlerin, deren Kunst auch darin besteht, all diese unterschiedlichen Interessen einem Mobile gleich in der Schwebe zu halten.

Sonntag, 23. Mai, 19:34 – 20:00 Uhr
SWR2 Jazz
Mit Coolness und Seele – Die Sängerin Peggy Lee
Von Henry Altmann

Nach außen schien sie das wasserblonde „All American Girl“ zu sein, eine Peggy-Puppe. In Wirklichkeit war sie selbstbewusst. Peggy Lee begann bei Benny Goodman, wechselte erfolgreich zum Jazz-Pop, reüssierte als Schauspielerin, nahm 60 Alben auf und textete 200 Songs. „Die blonde Sirene aus der Prärie“ tat stets das Rechte und wusste ihre Rechte gegenüber mächtigen Plattenbossen wahrzunehmen. In ihrer Stimme aber glommen die Hinterzimmer des Herzens, eine coole Souveränität konterte und kaschierte eine traumatische Kindheit und vier stürmische Ehen. Am 26. Mai wäre Peggy Lee 101 Jahre alt geworden.

Dienstag, 25. Mai, 21:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session
Jazz bei den Donaueschinger Musiktagen (3) The Necks
Von Franziska Buhre

Die australische Band The Necks hat sich in über 30 Jahren den Rang einer Kultband erspielt. Pianist Chris Abrahams, Schlagzeuger Tony Buck und Bassist Lloyd Swanton verwarfen von Anfang an das Konzept, sich auf Konzerte vorzubereiten. Und so werden Zuhörende Teil von Prozessen der Annäherung, Überlagerung, Verdichtung und fortwährender Wiederholung von Klängen, welche die Musiker manchmal über Stunden entfalten. Ihre Konzerte eröffnen psychoakustische Erfahrungswelten, in die man wie von selbst eintauchen kann. 2008 waren The Necks zu Gast bei den Donaueschinger Musiktagen.

Donnerstag, 27. Mai, 23:15 bis 24:00 Uhr
NOWJazz
Brillianter Kornett-Forscher – Kirk Knuffke und seine vielfältigen Musik-Projekte
Von Ssirus W. Pakzad

Der Amerikaner Kirk Knuffke gehört zu den wenigen Musikern, die sich ganz und gar dem Kornett verschrieben haben, einem Vertreter aus der Familie der Blechblasinstrumente. Auf seinem Klangerzeuger hat er einen Ton kultiviert, der sich sofort wieder erkennen lässt. Der 41-Jährige setzt ihn in recht unterschiedlichen Projekten ein, die von ganz filigraner Kammermusik bis zum Free Jazz reichen. 2014 nahm Knuffke, der deutsche Wurzeln besitzt, mit Melissa Aldana, Jacob Bro und anderen am SWR NEWJazz Meeting teil.

Freitag, 28. Mai, 23.03 – 24:00 Uhr
NOWJazz: Sonic Wilderness
Von Thomas Loewner und Julia Neupert

Diese Reihe auf dem freitäglichen NOWJazz Update Sendeplatz führt in abenteuerliche Zwischenwelten des Jazz. Ob Improv, Electronica, Klangkunst, Noise oder Rock – für die atmosphärischen Mixes gibt es nur eine Regel: Die Lust am musikalischen Abenteuer muss hörbar sein.

Sonntag, 30. Mai, 19.25 – 20:00 Uhr
SWR2 Jazz
Smiling the Blues Away – der Klarinettist Barney Bigard
Von Gerd Filtgen

Der aus New Orleans stammende Barney Bigard (1906-1980) beherrschte meisterhaft die kreolische Klarinetten-Tradition seiner Heimatstadt. In seiner klangvollen Spielweise dominierten virtuose, im tiefen wie auch hohem Register seines Instruments kreierte Improvisationen, die zahlreiche historisch relevante Sessions veredelten. Man stößt auf Bigards Namen in den Bands von Traditional Jazz-Giganten wie Jelly Roll Morton und King Oliver. Noch bekannter wurde er durch sein Engagement im Duke Ellington Orchester. Für ihn komponierte der prominente Bandleader sogar “Clarinet Lament (Barney’s Concerto)“.

Fast alle Jazz-Sendungen von SWR2 können als Audio on Demand im Internet 7 Tage online nachgehört werden. Auf www.swr2.de/jazz finden sich auch Playlists und und weitere Informationen zum Programm.

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