Magnus Mehl beim Landesjazzfestival in Schwäbisch Hall: Kurzweiliges in Wort und Klang

In der Hospitalkirche konzertierte die exquisite Band des Saxofonisten Magnus Mehl, der in den Ludwigsburger Bauer Studios eine bemerkenswerte Platte aufgenommen hatte.

Kurz nach dem 2. Weltkrieg gründete Rolf Bauer (1920-2008), anfänglich im heimischen Wohnzimmer, das Tonstudio Bauer. Der Ende 1948 erteilten gewerblichen Genehmigung „zur Errichtung eines Studios für moderne Schallaufnahmen“ trug Rolf Bauer dabei – ganz im Sinne der jeweils angesagten Technik – jederzeit Rechnung. Bereits 1958 hielt die Stereofonie Einzug in die Regieräume. Damit war man wegweisend in Deutschland und setzte diese Aufnahmetechnik vor allen deutschen Rundfunkanstalten ein. Ende der 60er Jahre hatte das in einem ehemaligen Kino installierte Studio mit der Einführung der Mehrspurtechnik wieder die Nase vorn, rühmen sich noch heute die mittlerweile digitalisierten „Bauer Studios“. Technischer Pioniergeist und ein stets offenes Ohr für Innovation waren Bauers Prinzipien und diese Grundsätze zeichneten das Unternehmen auch nach der Übernahme durch Tochter Eva und Schwiegersohn Reiner Oppelland im Jahr 1989 aus. Längst beherrschen in Ludwigsburg spezielle Computer die digitale Klangwelt. Trotzdem werden noch im heiklen Direktschnitt-Verfahren analoge Vinyls produziert.

Bedeutende Musiker aller möglichen Genres agierten vor Bauer-Mikrofonen: Miles Davis, Ernst Mosch, Erwin Lehn, Peter Alexander, Udo Jürgens, Reinhard Mey, Keith Jarrett, Lester Bowie, Chick Corea, Paquito d´Rivera, Manfred Krug, Giora Feidman, Yehudi Menuhin und viele mehr.

Die diplomierte Tonmeisterin und aktuelle Geschäftsführerin Bettina Bertók-Thumm berichtete lebendig und charmant beim Landesjazzfestival über die Historie und gegenwärtige Tätigkeit des renommierten Betriebs und beantwortete gerne geradezu fachmännische Fragen aus dem Publikum.

Anschließend trat Magnus Mehl, der Ende Mai 2021 in Ludwigsburg die Platte „Upside Down And Between“ einspielte, wieder in Hall auf, allerdings in neuer Besetzung. Der gewitzte Saxofonist, geboren 1980 in Rottweil, bereichert die Jazzszene stets mit höchst originellen Projekten, wenn er beispielsweise klassischen Tanz und zeitgenössisches Hörspiel einbezieht.

Schon bei „Punchline“, dem Opener der Platte und auch im Konzert, stellte Magnus Mehl die bemerkenswerte musikalische Bandbreite des faszinierenden Quartetts heraus. Nach einer anfänglichen Solokadenz auf dem Altsax führte das Stück zu rasenden Bebop-Phrasen als auch zu avantgardistischen „Multiphonics“, also Mehrklängen auf dem Blasinstrument. Der Trompeter Christian Mehler, der bereits 2008 als höchsttalentierter 16-Jähriger mit dem Landesjugendjazzorchester in Abu Dhabi vor dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier swingte, griff schmetternd einen hohen Ton auf. Daraus entwickelten sich kooperativ mit den Kollegen punktuelle Klangtupfer, wobei Dietmar Fuhr am Kontrabass feine Pizzicati und der beständige Mehl-Bruder Ferenc filigrane Trommelschläge beisteuerten.

Auch mit dem „klassischen“ Bogen entlockte der vielseitige Fuhr seinem korpulenten Tieftöner subtile Klanggebilde als auch jaulende Glissandi wie von einem Theremin, und auf dem konventionellen Drumset entwickelte Ferenc Mehl reizvolle Sounds. Ein großer Gewinn für diese Formation von Magnus Mehl ist gewiss „sein Komperativ“ Christian Mehler, der virtuos und kraftvoll ins Horn schmettert.

So geriet die eindrucksvolle Performance in ihrer hintergründigen Leichtigkeit und subtiler Virtuosität äußerst kurzweilig – gute Unterhaltung auf hohem Niveau mit Herz und Verstand. Heiße Intensität und lyrische Coolness, Tradition und Zukunft harmonisch vereint. So wurde Duke Ellingtons „Take The A-Trane“ stilübergreifend ordentlich unter Dampf gesetzt und auch dem Hard-Bop-Brüderpaar Cannonball und Nat Adderley gehuldigt.

Info: Am Mittwoch, 5. August, wird um 19. Uhr das Villinger MPS-Studio vorgestellt. Anschließend konzertiert in der Hospitalkirche der Pianist Johannes Mössinger solo.

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