Jazzpages Jazz News 200311 – Jazz & Corona

Leider prasseln derzeit täglich die coronagrundierten Nachrichten aus der Jazzszene herein. Erst kürzlich hatte ich an dieser Stelle eine Nachricht der hr-Pressestelle zum Thema zitiert, was mir zwar eine erboste E-Mail eines Musikers einbrachte, aber keine korrigierte Meldung des hr dazu.

Die Verunsicherung grassiert derzeit unter Veranstaltern, Musikern, tatsächlich im gesamten Kulturbereich und die Sorgen nehmen zu. Musiker aus skandinavischen Ländern sagen Konzerte ab, weil sie nicht im Corona-Krisengebiet Deutschland touren wollen oder dürfen. Lang geplante Tourpläne in Asien müssen verschoben oder aufgegeben werden. Vor einigen Tagen telefonierte ich mit einem Pianisten, der soeben während der Generalprobe für eine große Veranstaltung erfahren musste, dass diese am nächsten Tag nicht stattfindet. Wie sich die Entwicklung der Lage auf Festivals oder Veranstaltungen wie die Jazzahead auswirken wird – momentan weiß es keiner genau. Zweckoptimismus ist angesagt.

Die Vorgaben sind schwammig: 999 Personen sollen bei Indoorveranstaltungen gerade noch „safe“ sein? Die Jazznights auf Schloss Staufenberg wurden soeben – ohne aktuell neuen Termin – verschoben, weil im Ortenaukreis das Landratsamt dazu rät, Veranstaltungen mit mehr als 200 Personen zu vermeiden. Aus Österreich hört man, dass Konzerte ab 100 Personen nicht mehr stattfinden dürfen, und der „findige“ Ausweg ist die Verteilung auf zwei Sets mit jeweils weniger Besuchern. Das geht wohl auch nur so lange gut, bis aus solchen Veranstaltungen die ersten Ansteckungsketten berichtet werden.

Abgesehen von persönlichen Entscheidungen und dem eigenen Risikomanagement ist die Handlungsfähigkeit von Akteuren im Jazzbereich begrenzt. Sie wird ganz praktisch begrenzt von behördlichen Vorgaben, die momentan noch ganz schnell eskaliert werden könnten. Und vom ganz praktischen Verhalten von Besuchern, solange diese noch vergleichsweise frei agieren können. Mit der Entwicklung der Fallzahlen und weiteren Todesfällen wird der Spielraum immer enger, im wahrsten Sinne des Wortes.

Was tun?

„Topökonomen fordern drastische Hilfen für Wirtschaft“ ist zu einem Paper verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitutionen und -Institute vom 10.3.20 zu lesen. Die Kulturwirtschaft wird nur am Rande erwähnt. Zum einen wohl, weil sie gegenüber anderen Wirtschaftszweigen traditionell weniger im Fokus steht, zum anderen aber sicher auch, weil übliche Maßnahmen wie die Vereinfachung von Kurzarbeit oder Homeoffice hier nicht greifen. Liquiditäshilfen und erleichtere Abschreibungen für freiberufliche Musiker wenig helfen oder nicht vorgesehen sind.

In dieser akuten Phase, mit knallharten Folgen von Konzertabsagen, ist es schwierig, schnell zum Wohle von Musikern und Veranstaltern zu agieren. Umso wichtiger wäre es, dass sich schleunigst Institutionen wie die Deutscher Jazzunion, Jazzinstitute, Jazzverbände und Veranstalterorganisationen, eben möglichst viele Akteuere aus dem Kulturbereich – auch über den Jazz hinaus – zusammenschließen und konkrete Maßnahmen formulieren und fordern. Und damit eine starke und laute Stimme im Konzert derjenigen werden, die rasch staatliche Unterstützung einfordern.

Was kann ich tun?

Auf persönlicher Ebene, und ganz jazzbezogen, habe ich schon auf facebook gepostet: „Momentan hagelt es in meiner Mailbox Konzert-, Tour- und sonstige Absagen. Eine richtig gute Lösung für das Problem fällt mir nicht ein. Vielleicht ist es aber kein schlechter Ansatz, sich an die guten alten Tonträger zu erinnern, und Musiker wirtschaftlich per Erwerb derselben einen gewissen Ausgleich für Verdienstausfälle zu ermöglichen. Meistens gibt’s herrliche CDs und LPs bei den Musikern direkt…“

Die Jazznews der Jazzpages sind kurze Hinweise und Meldungen zu Jazz, Musik und Allem drumherum, die bei den Jazzpages eintrudeln und einen größeren Kreis von Interessenten ansprechen könnten. Wir freuen uns über entsprechende Jazz-Kurznachrichten an jazz@jazzpages.com.

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