Flügelhorn im Flügel
Furiose Festivaleröffnung im Neubausaal mit dem Jugendjazzorchester Baden-Württemberg
Fürwahr ein furioser und fetziger Festivalauftakt: Das Jugendjazzorchester Baden-Württemberg swingte voller Elan im Neubausaal. Die Elite-Big-Band untersteht direkt dem Landesmusikrat, und dessen Präsident Professor Wolfgang Gönnenwein konnte sich als Überraschungsgast von der herausragenden Qualität dieses Ensembles überzeugen.
Schwäbisch Hall.- Noch nie waren die Trompeter des 1981 gegründeten Jugendjazzorchesters so bestechend stark. Da zwitscherte Christian Mück bei dem Cole-Porter-Evergreen „Begin The Beguine“ kraftstrotzend im höchsten Register herum – wie einst Cat Anderson und Maynard Ferguson. Komplizierte Klangsensibilitäten kitzelte der kanadische Trompeter Kenny Wheeler in seiner Komposition „Gentle Piece“ heraus – und Dominik Wagner blies mit seinem Flügelhorn in den Flügel hinein, um so dezenten Nachhall zu erlangen. Und selbst der erst 16-jährige Christian Mehler, dem als noch nicht Volljähriger der Festivalauftritt beim Kaunas-Jazz-Festival vor einem Monat versagt werden musste, stieß als Solist improvisierend voller Tatendrang ins Horn. Als Glanzparadenummer für den durch Peter Mayer vervollständigten Trompetensatz diente schließlich der Reißer „Brass Machine“ von Mark Taylor.
Auch die drei derzeitigen Vokalistinnen Julia Ehninger, Verena Nübel und Carolin Bechtle konnten sich temperamentvoll und freudig musikalisch ausleben. Mal gemeinsam wie moderne Andrew-Sisters bei „How Sweet It Is“, mal solistisch. Da scattete Carolin Bechtle, die an der Stuttgarter Musikhochschule im 6. Semseter Jazzgesang studiert, beherzt und kreativ, während Verena Nübel „No More Blues“ als Solo-Feature hatte. Diese Komposition des Brasilianers Antonio Carlos Jobim („The Girl From Ipanema“) fungiert zugleich als Titelstück der neuen Jugendjazzorchester-CD. Und das Cover dieser CD ziert eine blaue Taube, fotografiert übrigens in Hall auf dem Fußgängersteg zwischen dem Globe-Theater und der Kunsthalle Würth.
Mit dem Böblinger Pianisten Tobias Becker hat die Big Band einen eigenen Komponisten und begabten Arrangeur in ihren Reihen. Der 23-Jährige orientiert sich subtil am Swing-Stil und liebt getragene Balladen.
Professor Bernd Konrad (60) gilt als Dirigent und Musikerzieher als absoluter Profi, der auch bei heißem Stress meist cool bleibt. Konrad bedauert, dass er alsbald viele talentierte Instrumentalisten verlieren wird. Das Höchstalter in diesem Jugendorchester ist auf 25 Jahre limitiert, und jetzt bewirbt sich bereits wieder neuer Nachwuchs. Mit den seitherigen Bands konnte Konrad reichlich internationale Erfahrung sammeln, wiederholt tourten die Besten aus Deutschlands Südwesten in Afrika und Südostasien. Da lag Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim bei seiner Begrüßungsrede genau richtig, als er konstatierte: „Musik verbindet über alle Grenzen und Barrieren hinweg.“
Christian Mehler
Christian Mück
Peter Mayer
Bernd Konrad
Hermann-Josef Pelgrim
Dominik Wagner