Folk-Jazz mit „o-ton“ in Nieder-Olm, 17. Dezember 2011

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer

NIEDER-OLM Die Vier von der Noten-Tankstelle nehmen ihre Zuhörer mit auf eine Reise quer durch Europa und nach Kleinasien. Die musikalische Tour führt vom spanisch-agentinischen Tango und Samba, dem französischen Musette-Walzer, nordisch-keltisch kühlen Klangteppichen und Balkan-Klezmer zur türkischen Modal-Melismatik und russischen Tänzen. „o-ton“ aus dem Taunus ist ein Quartett aus Klangtüftlern, die Jazz und Folk mit einander verschweißen. Akkordeonspieler Michael Gottmann, Bassist Jürgen Dorn, Saxofonist und Klarinettist Helmut Vogt sowie Schlagzeuger Janis Otter schöpfen aus vielen Quellen. Ihre Musik zieht besondern Reiz aus dem Kontrast von Folk-betontem Akkordeon und Jazz-inspirierten Tenor- und Sopran-Saxofon sowie den eigenständigen Melodieführungen, die sich hin und wieder im Unisono von Saxofon und Akkordeon – etwa in der Zugabe „Mesquite“ – treffen. Bei Vogt hört man den Einfluss des „coolen“ Lee Konitz heraus, mit dem er gespielt hat.  
Intim familiär bleibt das Ambiente des Konzertes in der Nieder-Olmert Schmiede Wettig. Locker waren die Moderation der Musiker, heiter die Stimmung der Stücke, die „o-ton“ spielten, um ihre neue CD-„Momentaufnahme“ vorzustellen. Jürgen Dorn leitet „Mesquite“ mit einem filigranen Gitarren-Solo ein, dem sich Helmut Vogt mit einer melodiösen Sopransaxofon-Linie zugesellt, während Michael Gottmann das Akkordeon „singen“ lässt. Die durchweg eigenen Kompositionen zeugen von harmonischer Raffinesse und folkloristischer Melodik, auch wenn Schlagzeuger Janis Otter zwischendurch in „Beat 88“ treibend groovt, in anderen Kompositionen harte Bass-Trommelakzente setzt. Meistens streichelt er die Felle mit den Besen, klopft mit den Händen die Tabea oder klöppelt die Becken. „Von der Rolle“ bietet Vogt Gelegenheit die Klarinette in tänzerischen Klezmer-Klängen jauchzen zu lassen, die „Loire-Nacht“ verführt das Akkordeon zum Vals Musette“.  
Gimmicks gehören zum humorvollen Spiel der vier Musiker. So imitiert Vogt Windgeräusche mit Atemhauch im Saxofon, zitiert im eigentlich spanisch inspirierten „Frühstück in Pamplona“ für ein paar Takte den „English man in New York“. In der Komposition „Orientexpress“ startet der Zug lautmalerisch trommelnd in Paris und kommt mit exotischen Sounds auf Saxophon und Akkordeon in Istanbul an. Jürgen Dorn wechselt zwischen der Gitarre, dem fünfsaitigen E-Bass und dem Kontrabass, auf dem er an Stelle der üblichen straight marschierender Linien oft sparsame Akkordeinwürfe zupft. Spannung erwächst aus Tempo- und Intensitätssteigerungen wie in der Komposition „Zwielicht“.  
Seit 2006 besteht „o-ton“. Mit dem Konzert in Nieder-Olm hat die Band somit ihr Jubiläumsjahr abgeschlossen. Mag sein, dass „o-ton“ bei Puristen der Jazz- wie der Folk-Szene auf Kritik stößt, sie hätte mit dem reizvollen Mix einen größeren Bekanntheitsgrad verdient. 

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