Erinnerungen an Miles Davis
Im Februar 1964 spielte Miles Davis „My funny Valentine, ein. Kritiker lobten die Tiefe und Brillanz der im verhaltenen Tempo interpretierten Ballade. Beim Konzert im Mainzer Weihergarten des Schott-Verlages entfaltet sich der Richard-Rogers-Song im Duo des Pianisten Sebastian Sternal und des Trompeters David Enhco nahtlos aus der Sternal-Komposition „Prelude“. Der erst 28 Jahre alte französische Gast trifft mit leicht überblasenem Ton und minimalem Vibrato die Brüchigkeit und Coolness des legendären Vorbildes. Er schätze vor allem den Miles Davis in seiner zweiten Phase, gesteht der Franzose in einem Kurz-Interview mit Gastgeber Sternal, doch an diesem Abend scheint sich sein Spiel eher an dem frühen Miles zu orientieren. Scheinbar mühelos klettert Enhco beim Trompetenspiel in die Highnotes, bläst selbst in den Stakkato-Passagen klar und transparent, besticht in sanften Soli ebenso wie in kraftvoll attackierenden Interaktionen mit seinen Partnern.
Unter ihnen zeigt sich vor allem Bassist Ralf Cetto in seinen ausgedehnten Soli als ein ideenreicher Musiker und virtuoser Techniker. Bei „So what“ aus dem Davis-Album „Kind of blue“ setzt er die Bass-Linie, auf die der Trompeter mit seinen prägnanten Akkorden jeweils antwortet. In den swingenden Stücken lässt Cetto den Kontrabass dagegen „straight marschieren“.
In den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts galt Paris als europäische Jazz-Metropole. Zahlreiche amerikanische Künstler lebten und spielten hier wegen der ´besseren Verdienstmöglichkeiten Zu ihnen gehörte auch Miles Davis, der sich – gerade 22 Jahre jung – in die französische Chanson-Ikone Juliette Greco verliebte. Alexander Gelhausen, der in einigen Klassikern des Trompeten-Stars den Gesangspart übernimmt, rezitiert zwischen den Stücken aus der Autobiografie von Miles Davis jene Passagen, in denen der Musiker seine Liebe zur Greco schildert. Schließlich soll das Konzert des Mainzer Institut Francais und der Musikhochschule Mainz mit einer deutsch-französischen Begegnung an den Trompeter Davis erinnern.
Mit der Mainz Hochschule verbunden sind in der Formation neben Klavier-Professor Sebastian Sternal der frühere Student und Schlagzeuger Max Jentzen, sowie die Dozenten Bassist Ralf Cetto und Sänger Alexander Geldhausen. Sternal, der in Paris studierte, kennt Enhco aus jener Zeit, was das Zusammenspiel hörbar sensibel optimiert. Faszinierend sind die Unisono-Passagen von Trompete und Piano oder von scattender sowie instrumental geführter Stimme mit dem Blasinstrument. Verhangen und sanft spielt der Franzose, sperrig entströmen die Akkordfolgen dem Fender Rhodes, dessen Glockenklang Sternal nach dem Bass-Intro bei seiner Komposition „Prelude““ bewusst betont. Mit „Ballade“ steuert Enhco eine Komposition bei, die teilweise pulsierend ohne festes Metrum, aber romantischer Stimmung fesselt.
Im intimen Ambiente des Schott-Gartens rücken die zahlreichen Zuhörer wegen der herbstlichen Kälte eng zusammen Sie genießen die virtuose Musik sowie die anheimelnde Atmosphäre und belohnen die Künstler mit anhaltendem Applaus.