
Fish Music FM 011
Wer wie der Musiker Ekkehard Jost bereits vor 25 Jahren erstmals umfassend die „Sozialgeschichte des Jazz“ in den USA wissenschaftlich aufgearbeitet und später fortgeschrieben hat, der kann es wagen, sich einem viel Sensibilität erfordernden Projekt wie die Umsetzung der Musik des spanischen Bürgerkrieges in eine adäquate Form des Jazz zu nähern. Jost und seinen hervorragenden Mitspielern ist es mit „Cantos de Libertad“ gelungen, die historische Dimension dieser Lieder zu bewahren und sie zugleich zeitgemäß zu interpretieren. Rein äußerlich kommt dies schon in der Integration ursprünglicher Melodien in jenen Arrangements zum Ausdruck, die bis weit in den freien – und befreiten – Jazz reichen.
Die „Cantos de Libertad“ sind ebenso suggestiv wie assoziativ. Die Klangfarben reichen vom schlichten Kinderlied bis zur orgiastischen Kollektivimprovisation, von der grummelnden Bassklarinette und der aggressiv schmetternden Trompete, vom dumpfen Paukenschlag und der wohlklingenden Kontrabasslinie, vom filigranen, Flamenco getränkten Gitarrenlauf und von einer kurzen Single-Note-Traube bis zur komplexen Soundcollage.
Angesichts dieser faszinierenden Interpretation ist es angezeigt, alle Musiker zu nennen, die dem Saxophonisten und Bassklarinettisten Jost einfühlsam zur Seite stehen: Trompeter Reiner Winterschladen, Posaunist Detlef Landeck, Saxophonist und Flötist Eugenio Colombo, Wollie Kaiser mit Flöten, Saxophonen und der Kontrabassklarinette, Gitarrist Gerd Stein, Pianist Dieter Glawiscshnig, Bassist Dieter Manderscheid sowie Joe Bonica Schlagzeug und Percussion. Zu Recht ist Marta de la Vega als Rezitatorin und nicht als Sängerin erwähnt, denn sie spricht die Texte mit warmer Altstimme.
Dank Jost´s wissenschaftlicher wie auch musikalischer Kompetenz ist eine den Sujet gerecht werdende Musik entstanden, die emotional mitreißt – so wie damals vor mehr als 70 Jahren die Hymnen und Gesänge des Kampfes und des Widerstandes es getan haben mögen. „Cantos de Libertad“ ist für mich eines der aufregendsten und beachtenswertesten Tondokumente der zurückliegenden Jahre.