Dietmar Fuhr / Interview und alle Fotografien: Hans Kumpf
Vielseitig und fünfsaitig: Der Kontrabassist Dietmar Fuhr
Als Künstler gehört der 1964 in Sigmaringen geborene Dietmar Fuhr sozusagen zu den Stammgästen des seit 2007 durchgeführten JazzArtFestivals in Schwäbisch Hall. Nunmehr ist er als Dozent für Jazz-Kontrabass an der renommierten Musikhochschule Köln tätig. Zusammen mit seinem Bruder Wolfgang (Tenorsaxofon) und Florian Ross (Piano) gastierte er Anfang April ganz kammermusikalisch im schlagzeuglosen „Trio 120“ erneut in der längst säkularisierten barocken Hospitalkirche. Hans Kumpf führte mit Dietmar Fuhr ein Interview.
Du warst im Jahre 2008 mit der „Nils Wülker Group“ hier und ein Jahr später mit dem Quartett des Pianisten Lars Duppler. Nun bist Du zum dritten Mal beim hiesigen Festival aufgetreten. An was denkst Du bei den Begriffen „Schwäbisch Hall“ und „JazzArtFestival“?
Ich denke – besonders nach dem heutigen Konzert – an die begeisterten Zuhörer. Die Atmosphäre in der Hospitalkirche ist einzigartig und auch die Betreuung durch die Veranstalter. Heute hat es mir gefallen, weil die Musik, die wir in dem Trio spielen, besonders gut in den Raum passt. Die Stimmung, die wir produzieren, wird vom Raum ergänzt.
Du bist mit
Deinem Bruder da. Kann man sagen, dass Ihr ein musikalisches Elternhaus hattet?
Nein. Wir haben die Begeisterung selber entwickelt. Mit etwa 14 Jahren habe ich
gespürt, dass ich Musik machen müsste. Zuvor hatte ich mit Musik gar nichts am
Hut. Dann habe ich den Schalter umgelegt. Wolfgang, obwohl er mein jüngerer
Bruder ist, fing damit ein bisschen früher an. Es hatte sich schnell ergeben,
dass wir auch zusammen musizierten. Zunächst interessierte mich Rockmusik, ich
kam aber dann ganz schnell zum Jazz. Ein Freund von mir spielte ganz irre
Gitarre, und ich konnte bei ihm Unterricht nehmen. Wie viele andere Bassisten
habe ich mit der Gitarre angefangen. Der Weg ging von der Gitarre über den
Elektro-Bass zum Kontrabass. Zuhause gab es keine wirklichen Impulse. Meine
vier anderen Geschwister haben irgendwann einmal angefangen, ein Instrument zu
spielen. Das tun sie heute noch. Aber Wolfgang und ich sind die einzigen, die
es professionell weiter gemacht haben.
Du spielst mittlerweile einen 5-saitigen Bass. Seit wann?
Seit etwa fünf Jahren. Ich habe ihn nicht gesucht, sondern er kam eher zu mir. Ein guter Geigenbauer hat mich damals aufmerksam gemacht: „Geh doch mal dahin, da verkauft jemand einen Fünfsaiter!“. Zunächst war ich skeptisch, aber dann hat mir der Fünfsaiter in seiner Charakteristik sehr gut gefallen. Der war ganz anders als mein Viersaiter, den ich ewig gespielt hatte. Ich wollte was Neues, da kam mir der Fünfsaiter sehr gelegen und ich habe die fünfte Saite zu schätzen gelernt.
Dein extra tieftöniger und überaus korpulenter Korpusbass passte ja sehr gut in die Akustik dieser Kirche. Kannst Du Dir vorstellen, wieder zur Bassgitarre zu greifen?
Das kann ich mir vorstellen, aber nicht mit dem aktuellen Trio. In der Band des Trompeters Nils Wülker setzte ich bei einer CD-Produktion mit neuer musikalischer Konzeption auf dessen Wunsch hin den E-Bass ein, bemerkte aber, dass die Bassgitarre zu dieser Zeit doch nicht mein Ding war. Ich kann mich da nicht so gut ausdrücken wie auf dem Kontrabass, ich fühle mich auf dem E-Bass nicht „zuhause“.
Hast Du auch einen kleinen handlichen „Reisebass“? Es muss ja nicht das kleine Format von Eberhard Weber sein. Es gibt ja auch Kontrabässe mit kleinerem Korpus…
Ja, richtig. So 2007 oder 2008 war ich in Ostafrika, und da hatte ich mir einen kleineren Bass ausgeliehen. Der hatte einen schmaleren Korpus – immerhin noch ein Korpus. Der wurde von einer Firma in Chicago gebaut. Da konnte man auch den Hals abschrauben. Wenn ich ins Ausland reise, versuche ich immer, einen Bass vor Ort zu organisieren. Ich bin häufig mit dem Goethe-Institut unterwegs gewesen, und da war es immer möglich, dass man mir einen Kontrabass zur Verfügung gestellt hat. Man muss sich mit dem zufrieden geben, was da ist – das sind oft nicht tolle Instrumente. Aber der Aufwand, selbst was mitzunehmen, ist doch viel größer. Und die Gefahr, dass beim Transport etwas passiert, ist auch sehr stark.
So
praktiziert es ja auch Eddie Gomez. Nur fällt mir (und auch Professor Mini
Schulz, mit dem ich hier vor einer Woche spielte) auf, dass Gomez falsch
intoniert. Du selbst hast ja bei Deinem Konzert eben sehr rein intoniert…
Man muss Eddie Gomez zugutehalten, dass er ein paar Jahre älter ist und sehr
viel reist. Ich schätze Eddie Gomez sehr…
…aber vor
zwanzig Jahren hat er auch schon falsch gespielt…
Intonation ist manchmal nicht alles. Man muss zuweilen über solche Sachen
hinweg hören, um zum Kern zu kommen. Und Eddie Gomez hat, wie früher auch
schon, unheimlich viel zu sagen gehabt. Er hat auch seinen speziellen Sound. Er
hatte einen guten akustischen Sound, dann kamen die Tonabnehmer auf – die
Bassisten waren nun sehr froh, endlich mal lauter spielen zu können. Man hat
sich da für einen eigenwilligen Sound entschieden, wie zum Beispiel auch Ron
Carter. Es ist ein Markenzeichen für Eddie Gomez, dass er einen so speziellen
Sound hat. Wenn man so einen Sound hat, wo der Ton sehr laut und klar
transportiert wird, kommt es auf eine derartige Ungenauigkeit nicht so sehr an.
Eddie Gomez ist ein hervorragender Musiker mit einer unglaublichen Geschichte.
Peter Trunk
Du kommst ja
vom Kölner Raum. Meine letzte Frage: Hast Du noch die verstorbenen Bassisten
Peter Trunk (1936-1973) und Buschi Niebergall (1938-1990) erlebt?
Peter Trunk – dafür bin ich zu jung. Er interessiert mich immer noch – es gibt
ja leider nicht mehr so viele Aufnahmen von ihm. Und Buschi Niebergall kenne
ich auch nur von Aufnahmen. Aber ich spielte immer wieder im Nordhessischen,
und da traf ich seinen Bruder, der da viel erzählt hat. Einige nette Anekdoten.
Das war klasse.
| Dietmar Fuhr
Du kommst ja vom Kölner Raum. Meine letzte Frage: Hast Du noch die verstorbenen Bassisten Peter Trunk (1936-1973) und Buschi Niebergall (1938-1990) erlebt?
Peter Trunk – dafür bin ich zu jung. Er interessiert mich immer noch – es gibt ja leider nicht mehr so viele Aufnahmen von ihm. Und Buschi Niebergall kenne ich auch nur von Aufnahmen. Aber ich spielte immer wieder im Nordhessischen, und da traf ich seinen Bruder, der da viel erzählt hat. Einige nette Anekdoten. Das war klasse.