»Unter dem Namen Jazz Alliance präsentiert sich vom 19. bis zum 22. April 2012 die Jazz Szene der Metropolregion Rhein-Neckar auf der größten Jazzmesse Deutschlands, der Jazzahead in Bremen.«
Es ist kein geringer Anspruch, den die „Jazz Alliance“ vor sich her – und nach Bremen – trägt, aber so ist es wortwörtlich zu lesen, in der von der Kultur und Veranstaltungs GmbH Worms verbreiteten Pressemitteilung der Gruppe…
Wer ist die „Jazz Alliance“?
…tja und da fängt es schon an: Wer ist eigentlich die „Jazz Alliance“? Recht karg sind die Informationen zu Struktur und Organisationsform in der Pressemeldung. Es ist die Rede von „Mitgliedern“, zu einer rechtlichen Konstruktion oder zur Herausgeberschaft – wie man es in einer Pressemitteilung erwarten dürfte – ist nichts zu finden.
Auf Anfrage von metropoljazz / Jazzpages teilte Thomas Siffling (Siffling Productions) als Sprecher der Gruppe mit, dass er die Initiative zur Bildung einer „Interessengemeinschaft“ ergriffen habe und die Zusammenstellung der Gruppe seiner „subjektiven Auswahl“ entspreche. Zur Finanzierung und zum Etat der „Jazz Alliance“ wollte er keine konkrete Aussage treffen. Einen offiziellen Vertreter der Jazz Alliance gebe es nicht, er selbst stehe allerdings als Ansprechpartner zur Verfügung, ebenso wie das Clustermanagement Musikwirtschaft in Mannheim.
Inklusion- Nein Danke?
Man wundert sich, dass die „Jazz Alliance“ nur als kleine, geschlossene Gruppe agiert. Wäre es nicht ein selbstverständlicher Schritt gewesen eine solche Initiative von Beginn an offener und breiter anzulegen? In Zeiten der virtuellen Vernetzung – und die „Aktiven“ der Allianz sind aktiv im Bereich von „Social Media“ – schon Ende vergangenen Jahres einen Aufruf zu starten, im Sinne von: „Lasst uns die Szene der Region darstellen, macht mit bei der „Jazz Alliance“!“?
Auf Nachfrage sagt Thomas Siffling als Sprecher der Gruppe: „Es hat noch niemand anderes vorgeschlagen“ – ein zumindest hinterfragenswertes Statement, wenn er ergänzt: „Erst einmal war es eine subjektive Auswahl meinerseits. Allerdings sind gerne alle eingeladen sich nächstes Jahr aktiv bei uns zu beteiligen.“ Es ist also nicht recht klar, wann oder wer die Möglichkeit gehabt hätte „anderes“ vorzuschlagen…
Sollte es allerdings im nächsten Jahr dazu kommen, wären als „Jazz-Botschafter“ der Region vielleicht auch Musiker auf der Jazzahead, die nicht nur aus Mannheim kommen, und die nicht im engeren Umfeld von IG-Jazz und / oder SP Productions aktiv sind.
Es gibt rein gar nichts daran auszusetzten – ganz im Gegenteil – wenn sich die agilen Musiker dieses Umfelds auf der Jazzahead präsentieren aber vielleicht wäre es doch etwas realistischer dies „in eigener Sache“ und bestenfalls als Vertreter eines gewissen – und leider doch eher kleinen – Teils der regionalen Jazzszene der Metropolregion zu tun.
Metropolregion oder vielleicht doch eher „Musikstadt Mannheim“?
Der angepeilte Auftritt als Vertreter der gesamten Metropolregion funktioniert nicht einmal in der eigenen Presseerklärung so recht, wenn dort zu lesen ist: „So etabliert sich Mannheim als Musikstadt“. Ein – vielleicht ungewollt -erfrischend offenes Wort, welches kühl unter das dünne Mäntelchen der vorgeblichen Repräsentanz der Jazz-Metropolregion bläst. Fakt ist: es sind nur Mannheimer Musiker auf der Jazzahead, es wird nur eine der vielen „metropolregionalen“ Jazz-Vereinigungen vor Ort vertreten (die IG-Jazz, die sich zwar vor einiger Zeit schon zur „IG-Jazz Rhein-Neckar“ umbenannte aber im Kern immer noch auf regionaler Ebene Mannheim repräsentiert) und mit Enjoy Jazz und Jazz & Joy sind zwei Festivals im Boot, denen man zwar zunehmende aber trotzdem noch schmalbandige Förderung der regionalen Jazzszene zugestehen kann und deren Augenmerk zumindest bei Enjoy Jazz doch wesentlich auf den Aspekten „International“ und „Anderes“ liegt. Von dieser Seite aus gesehen sind sie weniger Vertreter der regionalen Jazz-Szene als Vertreter ihrer Interessen als Veranstalter. Durchaus folgerichtig die Überschrift in der Wormser Zeitung zur Publikation der Presserklärung der „JazzAlliance“: „Veranstalter im Einklang“.
Was fehlt?
Vieles – auszugsweiseund beispielshaft:
Wo sind Musiker der progressiveren, der Freien Jazzszene? Musiker und Musikrichtungen, die nicht in den Strukturen der oben genannten „Mannheim Connection“ zu finden sind?
Wo sind auf der Jazzahead Vertreter der vielfältigen Jazzclub- und Veranstalterszene de rMetropolregion, die tatsächlich die Bandbreite und regionale Vielfalt der Jazzszene repräsentieren?
Wie kann es sein, dass eines der größeren Festivals der Metropolregion, palatia jazz, von der „Jazz Alliance“ im Vorfeld der Jazzahead-Aktivitäten nicht einmal direkt in Bezug auf eine Teilnahmeangesprochen wurde?
Die Wahrnehmung des Auftritts der „Jazz Alliance“ auf der Jazzahead wirft Fragen auf. Auf der einen Seite ist es ausgesprochen erfreulich, wenn sich Aktive der Szene engagieren, zumal, wenn es sich bei den Protagonisten unbestreitbar um exzellente Vertreter der regionalen Jazz-Szene handelt. Auf der anderen Seite müssen sich die bislang beteiligten Akteure fragen lassen – oder sollten sich selbst fragen – ob sie nicht gut daran täten, erheblich offener zu agieren, den Jazzmetropol-Gedanken nicht nur als Schild vor sich her zu tragen, sondern auc hdurch Taten die gesamte Region und größere Teile der regionalen Jazzszene mit einzubeziehen.
Eine echte und glaubwürdige Vertretung der gesamten Jazzszene der Metropolregion ist wünschenswert – in der jetzigen Form ist die „Jazz Alliance“ bestenfalls ein arg eingeschränkter erster Versuch.