Das Sextett des amerikanischen Pianisten Chris Hopkins zog in Halls Hospitalkirche mit über zwanzig Programmnummern frohgelaunt eine turbulente „Swinging Christmas“-Show ab
Ganz nah an Heiligabend: Am 23. Dezember feierte der Haller Jazzclub vereint mit dem städtischen Kulturamt mal wieder jubilierend musikalische Weihnachten. Zuletzt war 2019 bei einem derartigen Event die Sängerin Fola Dada zu erleben.
Nun also klappte es in Schwäbisch Hall endlich mit einem Gastspiel von Christian Peter „Chris“ Hopkins. Der Pianist wurde am 18. April 1972 als Sohn eines Universitätsprofessors und einer deutschen Mutter im amerikanischen Princeton geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Mit seinem Traditionsquartett „Echoes of Swing“ erlangte Hopkins internationales Renommee.
Dass arrivierte Jazzmusiker gerne spezielle Weihnachtsproduktionen tätigen, ist kein Novum. Dies bewerkstelligten auf Tonträgern bereits unter anderen der gute alte Louis „Satchmo“ Armstrong als auch dessen moderne deutsche Trompetenkollegen Till Brönner und Manfred Schoof. Als letzte Station der diesjährigen „Swinging Christmas“-Tour von Chris Hopkins wurde die Salzsiedermetropole auserkoren, von dessen schmuckem Altstadtensemble sich der weitgereiste smarte Bandleader besonders fasziniert zeigte, wie er vom Altarraum herab verkündete.
Bestens harmonierte das Sextett in seinem Zusammenspiel – meist im Tutti, aber auch in unterschiedlichen Untergruppierungen. Außerhalb der gewohnten Norm gerieten so Feature-Nummern beispielsweise für den 1959 in Dormagen gebürtigen Engelbert Wrobel, für die Amerikanerin Shaunette Hildabrand und Rolf Marx. Wrobel intonierte auf dem Sopransaxofon anmutig das Largo von Antonin Dvořáks „Sinfonie aus der Neuen Welt“, und Shaunette Hildabrand betete mit reichlich Vibrato absolut solo a cappella ergreifend und liebevoll den „Sweet Little Jesus Boy“ an.
Das große Kapital von Rolf Marx ist, dass er eine Halbakustikgitarre in der Nachfolge von Elektro-Strings-Innovator Charlie Christian einstimmige „horn lines“ erzeugen kann als auch wie einst Wes Montgomery ohrwurmige Oktavparallelen zu greifen vermag und schließlich polyphon in der fingerfertigen Virtuosität eines Andrés Segovias iberische Volksweisen veredelt.
Differenziert traktierte und be“hand“elte Oliver Mewes das konventionelle Drumset. Ein langes Solo bei dem aus der Ukraine kommenden Stück „Carol Of The Bells“, durchgeschlagener Bolero-Rhythmus bei „The Little Drummer Boy“. Feinnervig am Kontrabass stets Henning Gailing – gezupft und mit Bogen.
Chris Hopkins hatte sein Altsaxofon nach Hall nicht mitgebracht – er konzentrierte sich hier auf sein Hauptinstrument Klavier. Und auf dem ortsgebundenen Steinway legte er mit kultiviertem Anschlag gerne perlende Läufe hin. Zudem erwies er sich als gewiefter Entertainer, der am Instrument (wie einst Paul Kuhn ins Auditorium grinsend) und als Conférencier in eigener Sache vital und humorvoll agierte. Schließlich formierte Hopkins zusammen mit Shaunette Hildabrand und Engelbert Wrobel, der ansonsten auch gewandt Klarinette und Tenorsax blies, bei „Mister Sandman/Santa“ ein munteres Vokal-Terzett.
Die aus Oklahoma stammende und klassisch ausgebildete Vokalistin Hildabrand trug immer wieder die swingenden Themen der weihnachtlich-winterlichen Lieder vor, worauf dann die Herren interaktiv lustvoll improvisierten. Spaß hat dieser Abend jedenfalls allerseits bereitet – den Künstlern und den über siebzig Zuhörern. Jauchzend und frohlocken herrschte bei der Jazzgemeinde unter den Barockengeln im vormaligen Gotteshaus erlauchte Christfest-Stimmung. Ein bisschen Spaß muss sein…
Und lehrreich geriet die heitere Performance ohnehin. Passend zur Jahreszeit interpretierte die Combo die Landeshymne des amerikanischen Bundesstaates Maryland. Da wird in einen Marsch die in Deutschland wohlbekannte Melodie von „O Tannenbaum“ integriert. Als der Filmregisseur Woody Allen in seiner Rolle als Hobby-Klarinettist Ende Juli 2004 im Stuttgarter Theaterhaus diese feierliche Weise vereinnahmte, hatte er von derlei Zusammenhängen offensichtlich keine Ahnung.
Chris Hopkins (Piano),
Shaunette Hildabrand (Gesang),
Engelbert Wrobel (Klarinette/Tenor- und Sopran-Saxophon),
Rolf Marx (Gitarre),
Henning Gailing (Bass),
Oliver Mewes (Schlagzeug).
Info: Die nächste Veranstaltung der Reihe „Jazztime“ findet am 12. Januar 2023 statt. Angesagt ist dann das Benjamin-Lackner-Quartett mit dem Perkussionisten Manu Katché als Stargast.