RCA LSP 2533
„Dies ist die beste Aufnahme, die ich jemals eingespielt habe“ schwärmte der Bassist und Bandleader Charles Mingus 1962 von „Tijuana Moods“ – und das fünf Jahre nach den Studio-Aufnahmen vom August 1957. Diese Aussage traf zu jenem Zeitpunkt sicher zu, auch wenn mich das Pariser Konzert vom April 1964 noch mehr begeistern kann.
Charles Mingus schwärmt davon, dass bei Tijuana Moods einige der besten Musiker mitgewirkt hätten und besonders von dem Trompeter Clarence Shaw, der bei seinen Improvisationen nicht übertreibe, sondern sich wie bei einer Konservation für neue Ideen Zeit nehme.
Zentrales Stück dieser im vergangenen Jahr technisch brillant remastered Vinyl-Langspielplatte ist zweifelsohne „Ysabel´s table dance“. In dieser Komposition mit dem ständigen Wechsel von durchlaufendem Four-Beat-Jazz, südamerikanischen und Flamenco-Rhythmen sowie den Kollektivimprovisationen im typischen Mingus-Sound mit seinen vielfältigen, sich kreuzenden und verschlungenen Melodielinien und Stimmungen sowie Klangfarbenspielen hat sich der Bassist wohl den Depression von der Seele gespielt, den die Trennung von seiner Frau hinterlassen hat. Die Musik ist emotional und unangepasst, voller Schreie, Rufe und Sounds, die nun mal die Grundlage der Mingus-Klangwelt sind. Rhythmische Kraft verbindet sich mit paradoxerweise geordnetem Chaos.
Ebenso mitreißend und angereichert mit komplexen musikalischen Ausdrucksformen ist „Los Mariachis“, eine Komposition, die der Bassist den Straßenmusikern in Tijuana gewidmet hat. Der fast klagende Ton der Trompeter von Shaw trägt viel zu den Stimmungen bei. Freund Danny Richmond am Schlagzeug und der Bassist selbst bilden eine traumhafte, sichere Rhythmusgruppe, die die Band bravourös durch Calypso, Walzer und Vier-Viertel steuert. Der schon in Dizzy Moods auffallende ständige Tempo- und Metrumwechsel des Bandleaders erinnert an die Behauptung von Ron Carter, dass der Bass das Rückgrat jeder Jazzformation sei. Jimmy Knepper ist ein exzellenter Techniker auf der Posaune, Shafi Hadi bereits zu damaliger Zeit eine Legende am Altsaxophon und am Piano sitzt bei der Aufnahme der von Mingus wegen seiner Frische und stilistischen Freiheit gelobte Bill Triglia.