Bachmann, Mandler, Bock in der Mainzer Christuskirche, 26. November 2008

Die Trompete erschallt kraftvoll und strahlend von der Empore der Christuskirche, das Altsaxophon bleibt sanft in diesem Ruf-Antwort-Spiel der beiden Instrumente. Lutz Mandler und Thomas Bachmann loten die Klangfärbungen beim „Wandern“ – so der Titel der Komposition – durch den Kirchenraum aus. Sie erforschen den Hall, der durch die Kuppel des Sakralbaues so weit gebremst wird, dass er zwar vorhanden, aber nicht aufdringlich wirkt, sowie die Dynamikabstufungen in einer Akustik , die den leiseren Ton des Saxophons bewahren und selbst die „gehauchten Luftsäulen“ im Instrument durch den dämmrigen Kirchenraum wehen lassen. Versetzte Duos scheinen aus unterschiedlichen Räumen zu kommen.

Dass die Musik sich bei der Erforschung des Raumes verändert, darauf hatte in ihrer Begrüßung schon Barbara Pfalzgraff, die Dekanatskirchenmusikerin aus der evangelischen Kirchengemeinde hingewiesen. Sie finde es schön und spannend, wie Kirche und Jazzmusiker undogmatisch aufeinander zugehen. 
In der Tat fällt diese Begegnung aus dem üblichen Rahmen der Verbindungen von Kirchenorgel und Jazz, in der das Saxophon Paradeinstrument des Jazz, die Orgel das Sinnbild für sakrale Musik ist. Jazz und Blues „zwingen“ bei diesem Trio mit Thomas Bachmann, Lutz Mandler und Gabriel Bock das mächtige Instrument der Christuskirche mit seinen 52 Registern und dem wuchtigen Bassfundament keineswegs in einen groovenden Blues-Rahmen. Die Musiker lassen die Orgel dort, wo sie zuhause ist und integrieren den Jazz in dieses Umfeld. Zeitweise werden in Unisonopassagen die Blasinstrumente scheinbar zu zusätzlichen Registern. Das Konzept führt allerdings fast zwangsläufig dazu, dass insgesamt eher ruhige Stücke und getragene Tempi das Konzert bestimmen.

In „IV,III,II,I“ legt Bachmann mit dem Sopransaxophon einen schwebenden Klang von nordischer Kühle über das Orgelfundament, experimentiert mit dem Hall, indem er mal in das weite Kirchenschiff, dann wieder in den begrenzten Raum der Empore spielt. In ihren mehrstimmigen Duos weiten die beiden Bläser – wie in „Opener“ – die Harmonik ins Atonale aus, meist bleiben sie jedoch im für die Zuhörerohren gewohnten Rahmen.

Exotische Sounds entlockt Lutz Mandler mit Zirkularatmung mal percussiv, mal anhaltend mit über die Skalen gleitenden Tönen dem Didgeridoo, auf einer großen Muschel sowie später allein und im Ensemble dem Alphorn. „Schweben“ ist der Titel eines Orgelsolos, das indessen eher wie ein plätschernder Bach und dann wieder wie ein mächtiger Fluss fließt, in der Klangfärbung Assoziationen an Peter Michael Hamels Vertonung von Hermann Hesses „Siddharta“ weckt.

Gabriel Bock, ein ebenso in der Klassik wie im Jazz brillierender Pianist, vermag es, die Orgel in die Jazz-Phrasierung einzubinden, ohne ihren originären Charakter zu verleugnen. Sie liefert in unter den Bläserduos einen flächigen Grundton, übernimmt in den Soli sowie den meist durchkomponierten Triopassagen die rhythmischen Element des Jazz sowie die harmonischen Ausweitungen. Das Konzert wird so zum Genuss für Jazz und Kirchenmusikfreunde gleichermaßen.

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