Es ist die Jahrzehnte lange Beschäftigung mit dem Blues, die letztendlich 436 Seiten füllten. „Um Blues und Groove“ ist zugleich eine Korrektur vieler Irrtümer und Vorurteile über den Blues geworden.
Beim „8. Mainzer Jazzgespräch“ mit Professor Jürgen Hardeck stellte der Musikredakteur und Fach-Journalist Manfred Miller sein 2017 erschienenes Buch vor. Einen zweiten Band, der die Rolle der farbigen Sängerinnen beleuchten soll, schreibe er derzeit, verriet Miller im Interview.
Miller räumte mit dem Klischee auf, dass der Blues grundsätzlich „traurig“ sei. Vielmehr diene er der Bekämpfung der Depression, weshalb das singende Blues-Ehepaar Will und Ma Rainey sich treffend als „Assassins“ oder Killer des Blues bezeichneten.
Auf die Frage Hardecks gab Miller zu, dass die meisten Opfer der Unterdrückung schwarze Amerikaner und Minderheiten gewesen seien.
Der Buchautor bestreitet, dass die bekannte zwölftaktige Form aus dem Mississippi-Delta stamme. „Die strenge Form des Blues ist am Klavier entstanden.“
Ökonomisch verwerteten nach Millers Recherchen weiße Bandleader den neu entdeckten Blues. „Selbst bekannte Musiker hatten Probleme mit schwarzen Mitgliedern in der Band“, sagte Miller. Später hätten vor allem britische Musiker diese Musik wieder entdeckt und bewiesen – wie Miller behauptete -, dass der Blues sich gut verkaufen ließ.
Im Gespräch mit Jürgen Hardeck zitierte Miller den Komponisten Hanns Eisler sinngemäß mit dem Satz: „Wer nur etwas von Musik versteht, der versteht auch davon nichts.“ Er kratze nur an der Oberfläche.
Die Gesprächspartner zitierten Willie Dixon, der mit seiner Definition von „reals“ davon sprach, dass es um die Realitäten des Lebens gehe. Gemeinsam lobten die Beiden zudem Louis Armstrong, der das Feuer von Blues und Jazz mit entfachte.
Abschließend sprach Manfred Miller über den „Groove“, der über den Blues und Swing hinausgehe. Der Autor fragte. „Welche musikalische Auffassung spiegelt sich in einem Metrum wider – in einer völlig neuen Zeit nach klanggewordener Historie.“
In seinen Erinnerungen reflektierte Manfred Miller beim Interview mit Jürgen Hardeck die Zeit als Musikredakteur bei Rundfunksendern und erinnerte sich gemeinsam mit Tom Schröder im Publikum an die Anfänge des Lahnsteiner Blues-Festivals im Jahr 1981. Hardeck wies ergänzend auf das Blues-Fest in Kaiserslautern hin. Miller und Schröder nannten die Burg Waldeck als Heimat der Liedermacher und das Mainzer Open-Ohr-Festival als Stätte der Begegnung von Politik und Musik.
Das Mainzer Jazzgespräch wurde musikalisch umrahmt von dem Gitarristen und Sänger Luke Greenstone. Der Solist hatte seinen Song „All I need is Blues“ nach drei Wochen als Student der Hochschule für Musik selbst geschrieben.
Caro Trischler ist keine Blues-Shouterin, aber eine exzellente Jazz-Sängerin. Sie brillierte an diesem Abend mit „Love me like a man“ und gemeinsam mit dem Quartett aus dem Piano-Professor Sebastian Sternal, dem Tenorsaxophonisten Claudius Valk sowie den Studenten Charly Härtel am Bass und Leo Ebert am Schlagzeug bei „I´d rather drink Muddy Water“. Professor Valk interpretierte getragen gefühlvoll, aber expressiv mitreißend die Thelonious Monk-Komposition „Blue Monk“. In den Höhen spitzte er in Überblastechnik die Akzente. Härtel am Kontrabass zupfte erdig und voluminös, harmonisch reizvoll sowie mit frappanter Dynamik seine Soli. Ebert rhythmisierte die Band solide.