7 Blechbläser blubbern, brodeln, brutzeln
Donaueschingen. Weder Monokultur noch ein Instrumentalwettkampf: Das obligatorische Jazzkonzert am Samstagabend in der Sporthalle der Gewerblichen Schulen präsentierte ein Trompetenseptett und ein Vokalquartett.
Jazztypisches ließ sich bei der Performance der herben Stimmbandtraktierer Jaap Blonk (Niederlande), Joachim Montessuis und Julien Ottavi (beide Frankreich) sowie Jörg Piringer (Österreich) nicht heraushören. Das klang eher nach Dadaismus und Bruitismus, wobei ein Überschwall im Überschall von Elektronik etwaige Nuancen überdeckte. Nachdem jeder der vier Vokalisten, deren Vornamen jeweils mit einem „J“ beginnt, sich solistisch-aktionistisch in Szene setzte, kam es bei einer „analogen“ Kollektivimprovisation von „JJJJ“ auch nicht zu auffallend interessanten Momenten. Das 1983 in der Baar-Sporthalle durchgeführte Donaueschinger vierköpfige „Vocal Summit“ (u.a. mit Urszula Dudziak und Jeanne Lee) geriet reizvoller und spannungsreicher.
Unorthodox gewiss gibt sich ein Septett bestehend nur aus Trompetern. Das Klangspektrum dieser eigentlich hohen Blechblasinstrumente wurde mit konventionellen Dämpfern aber auch mittels Plastikschläuchen, Küchengeschirr, Saxophonmundstücken und sparsam dosierter Elektronik erweitert. Der agile libanesische Trompeter Mazen Kerbaj, ein (schön)geistiger Kosmopolit, der übrigens fließend Englisch und Französisch parliert, hat eine solche internationale Formation zusammengestellt. „Ariha“, also Jericho, nennt gewitzt und verschmitzt der in Beirut wohnhafte 39-Jährige sein Ensemble, welches aber nicht derart lautstark schmettert, dass durch überdimensionale Schwingungen die (biblischen) Mauern einstürzen. Vielmehr lässt er seine international renommierten Kumpels – nämlich den Deutschen Axel Dörner, den Österreicher Franz Hautzinger sowie die Amerikaner Liz Allbee, Peter Evans, Greg Kelley und Nate Wooley – lockerlippig in tiefen Pedaltönen ausgiebig quasi brodeln, blubbern und brutzeln. Kein Konkurrenzkampf – Spitzentöne und superschnelle Phrasen bilden hierbei eine absolute Seltenheit. Die historischen Stadtmauern von Jericho wurden also nicht durch dröhnende Akustik zum martialischen Zusammenbruch gebracht.
Immer wieder konnte man filigrane Momente herauslauschen, beispielsweise wenn Axel Dörner „zügig“ auf seiner Trompete glissandierte und sich zwischen den einzelnen Instrumentalisten innige Zwiegespräche und aufmerksame Trialoge entwickelten.
Wache Kommunikation und engverzahnte Interaktionen bestimmten das geradezu gruppendynamische Geschehen, das völlig ohne Notenmaterial auskam – und weit weg vom konventionellen Trompetensound war. Der SWR-Redakteurin Julia Neupert ist ein einzigartiger Programmpunkt gelungen.
Zum Generalthema der diesjährigen Donaueschinger Tage für Zeitgenössische Tonkunst wurde die künstlerischen Mehrfachaktivitäten vieler Komponisten erkoren, will man nicht den Begriff „Mehrfachbegabung“ bemühen. So zeigte die Ausstellung in der Fürstlich-Fürstenbergischen „Alten Bibliothek“ auch Visuelles von bei der „SWR2 NOWJazz Session“ agierenden Musikern. Der Vokalist Jaap Blonk war mit monochromen „Forgotten Sequence Paths“ (Inkjetdruck mit Farbstift auf Papier) vertreten, ebenfalls wenig farbenfreudig gestaltete der auch als Comic-Zeichner hervorgetretene Mazen Kerbaj seine skurrile „Boat“-Reihe (Tinte auf Kunststoff).