
Stuttgart. Als Anfang der 80er Jahre Bobby McFerrin die europäische Szene betrat, fragte man sich mitunter, warum man denn einen weiteren Stimmakrobaten afroamerikanischer Provenienz brauche, wenn da doch bereits Al Jarreau das Feld beherrsche.
Mittlerweile hat sich der 1950 in New York als Sohn eines renommierten „klassischen“ Sängerehepaares geborene Künstler längst einen eigene klangvollen Namen gemacht. Gerade den Stuttgarter Fans bleibt unvergesslich, wie McFerrin – kurz bevor sein „Don’t Worry, Be Happy“ zum Welthit wurde – beim sommerlichen Jazzgipfel 1988 im Beethovensaal der Liederhalle eine achtzigminütiges Solo-Performance voller kreativer Spannung bestritt und tags darauf spontan bei Chick Corea einstieg und mit dem Pianisten „Autumn Leaves“ intonierte.
Seit ihrer 1992 veröffentlichten Platte „Play“, die mit einem Grammy geehrt wurde, treten die beiden Koryphäen vermehrt im Duo auf. Allerdings erstarrt da nichts in Routine. Chick Coreas Erfolgsnummer „Spain“ diente bei der aktuellen Tournee stets als obligatorische Zugabe. Zuvor bildeten die Standards „Round Midnight“, „Sweet Home Chicago“ und “I’ve Got The World On A String“ die Eckpfeiler des weitgehend improvisatorisch erfolgten Programmablaufs.
Das total ausverkaufte Konzert im vertrauten Beethovensaal fing schon locker und leise an – eine wahre Lust der Kommunikation und Interaktion, fernab von protzendem Virtuosentum. Freilich ist es nach wie vor unglaublich, wie flink Bobby McFerrin vom tiefsten Bass bis zum höchsten Diskant die Stimmlagen wechselt und quasi multiphon samt integrierter Kontrapunktik agiert. Sein Klopfen auf die Brust bedeutet verblüffende Perkussionseffekte als auch abrupte Klangstromabbrechungen zugleich. Niemand anderes beherrscht dies so perfekt wie Bobby McFerrin.
Mit Schlaggerät rückte auch der 64jährige Chick Corea an – und der Pianist vollführte da keine simplen Effekthaschereien, sondern schuf eine homogene, stimmende Musik. Geradezu spitz- und lausbübische Freude hatten die beiden arrivierten Herren bei ihrem Treiben auf der Bühne. Das Publikum im Plenum brauchte nicht lange animiert zu werden, um selbst solistisch und chorisch mitzumischen. Ein wahres Vergnügen allenthalben.
Einen besonderen Spaß beim Stuttgarter Konzert bereitete die ad-hoc entstandene Kurzversion von Maurice Ravels „Bolero“ und anschließend „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss, wobei das aktive Auditorium die Fanfarenrufe schmettern durfte.
Eine Gaudi auch, wie Bobby McFerrin die Schnulze „Night And Day“ verhohnepiepelte und für das Gastspiel in Stuttgart eigens einen Rap samt HipHop extemporierte. Außergewöhnlich auch, dass die beiden Stars als allererste Zugabe das amüsierte Publikum zu einer Fragerunde einluden. Nicht beantworten konnte da Bobby McFerrin die Frage, wann er denn wieder hierher kommen würde. Hoffentlich bald!
