Alle Photos auf dieser Seite: Hans Kumpf
Man kennt ihn von der Big Band Schwäbisch Hall oder vom Landesjugendjazzorchester. Doch im Frühjahr wird der Saxophonist Johannes Reinhuber nicht in Baden-Württemberg weilen, sondern in Brasilien. Dort nimmt er ein Auslandssemester wahr.
Schwäbisch Hall. Anfang Februar bricht er auf. Da wird Johannes Reinhuber nach Südamerika düsen, wo es nicht nur meteorologisch, sondern auch musikalisch heiß hergeht. Und er wird sogleich in Salvador de Bahia in den Trubel des maximalen Straßenkarnevals eintauchen.
Vergleichsweise geruhsam hat der 25-Jährige seit dem Wintersemester 2010 an der Hochschule für Jazz und Popularmusik in Mannheim studiert. Jetzt lockt ihn für mindestens ein Auslandssemester die große weite Welt. Das „Baden-Württemberg Stipendium“ macht Johannes Reinhuber, der sich gelegentlich hinter Sonnenbrille und Bart versteckt, dies möglich. Freilich war da im Vorfeld viel Eigeninitiative gefragt: Visum-Beantragung, Wohnungssuche und Flug – dies musste er alles selbst organisieren. Im Selbststudium brachte sich der Jazzer bereits das dort gesprochene brasilianische Portugiesisch bei.
Zur deutschen Weihnachtszeit konzertierte der Saxophonist noch mit dem afroamerikanischen Soul-Sänger Eric Conley und spanischen Mitmusikern im bitterkalten Moskau – und dann endlich ab nach Brasilien. „Sich einmal aus dem gewohnten Umfeld in Deutschland völlig herauszulösen und sich in einem fremden Land oder Kontinent als Künstler ein neues Umfeld und eine neue Existenz aufzubauen, dies finde ich sehr reizvoll“, sinniert Reinhuber bereits und blickt wagemutig in die Zukunft: „Eventuell werde ich meine Studienzeit in Salvador auch noch verlängern, je nachdem, wie es mir gefällt und ob ich mich mit Jobs über Wasser halten kann. Bei guten Umständen ist auch ein dauerhafter Aufenthalt in Brasilien nicht ausgeschlossen. Ich halte mir das offen…“.
Brasilien ist offensichtlich nicht nur für Gitarristen und Perkussionisten äußerst reizvoll. Saxophonist Reinhuber schwärmt schon: „Von dem Aufenthalt verspreche ich mir eine große musikalische Bereicherung. Zur brasilianischen Musik war ich schon immer sehr hingezogen. Ein komplett anderer Einfluss auf musikalischer Ebene, aber auch eine ganz andere Kultur und Sprache werden sicherlich sehr gehaltvoll sein“.
Der Bläser fügt hinzu: „Speziell als Saxophonist verspreche ich mir von Brasilien viele neue Erkenntnisse in Rhythmus sowie im Spielen von Bossa und Samba. Zudem will ich mich von der unbändigen Spiel- und Lebensfreude der brasilianischen Musiker anstecken lassen!“
Johannes Reinhuber ist nach eigenem Bekunden natürlich ein großer Fan des brasilianischen Tonschöpfers und Pianisten Antônio Carlos Jobim (1927-1994): „Er ist ja mit seinen Kompositionen wie „The Girl from Ipanema“ und „Corcovado“ das Aushängeschild für uns in Europa. Jobims Musik und Kompositionen waren auf jeden Fall eine meiner ersten und prägenden Kontakte mit brasilianischer Musik. Natürlich kommt da für mich als Saxophonist ganz schnell auch Stan Getz ins Spiel, der diese Art von Musik auf seinem Instrument absolut ‚gemastert‘ hat.“
Ein Faszinosum stellt für den improvisationsstarken Tenorsaxophonisten aus dem Schwabenland auch die Vokalistin Astrud Gilberto dar: „Sie steht bei mir auch ganz oben. Ihre Version von „The Girl from Ipanema“ zusammen mit dem Saxophonisten Stan Getz ist einfach spitze. Sie strahlt mit ihrer Stimme eine unfassbare Ruhe und Ausgeglichenheit aus. Gleichzeitig klingt sie unschuldig und zerbrechlich – ohne jedoch an Ausdruck einzubüßen.“
Im Sommer erhält Johannes Reinhuber an der brasilianischen Atlantikküste vielleicht Besuch aus dem Ländle, wenn es mit einer weiteren Südamerika-Tournee des von dem emeritierten Professor Bernd Konrad angeführten Jugendjazzorchesters Baden-Württemberg klappt. Garantiert ist jedoch jetzt schon ein Zusammentreffen des Schwaben mit einem Sachsen: Der Dresdner Schlagwerker Günter „Baby“ Sommer wird ab Mitte Februar vier Wochen lang wohl an der „Escola de Música da Universidade da Bahia“ musikalisch aktiv sein. Für November 2013 ist ein regelrechtes „Sommer-Festival“ in Schwäbisch Hall geplant. Da könnten sich die beiden global orientierten Musiker ja in Reinhubers Heimat erneut treffen – falls der Tenorist doch nicht Wurzeln auf dem fernen Kontinent schlagen sollte.
Im alten Europa wird derweil Johannes „Joey“ alias „Joe“ Reinhuber von der 1992 gegründeten Formation „Mardi Gras.bb“ begehrt, die ihn gerne als festen Instrumentalisten in ihren Reihen hätte. Brasilien oder Deutschland – Johannes Reinhuber wird sich entscheiden müssen.