„Quadro Nuevo“ macht mit einer musikalischen Weltreise Station in Wörrstadt, 29. Januar 2011

Fotos und Text: Klaus Mümpfer

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, reimte Matthias Claudius im 18. Jahrhundert in „Urians Reise um die Welt“. „Quadro Nuevo“ folgt musikalisch dem Wort des Reinfelder Dichters und präsentiert auf CD sowie beim Konzert in der überfüllten Wörrstädter Neubornhalle ihre Kompositionen einer mehrjährigen Tournee durch Länder und Kontinente. Das Quartett aus Bayern sammelte Impressionen aus Begegnungen mit Menschen und Musikkulturen, um diese dann in den typischen Quadro-Nuevo-Klangkosmos einzubinden. Da verschmelzen Balkan-Folklore, Tango, Valse und Musette mit nahöstlicher Harmonik und Melodik, Tango und Jazz zu einem süffigen Sound, der die Zuhörer mitreißt und zugleich in Trance versetzen kann. Kein Wunder, dass das Publikum die vier Künstler frenetisch feiert und Zugaben erzwingt.

Evelyn Huber leitet „Antakya“ mit perlenden Notenketten auf der Harfe ein, zupft ästhetische Melodielinien, kann aber auch perkussiv Akkorde anreißen oder klopft gar mit der Hand auf den Korpus des königlichen Instruments. In zwei Stücken klöppelt sie das Hackbrett, das Salterio tedesco. Mulo Francel bläst auf dem Sopransaxofon Harmonien von exotischem Reiz des Fasil, D.D. Lowka unterlegt rhythmische Stakkati auf einer Handtrommel, die der tönernen arabischen Darbuka gleicht und in manchen Percussions-Soli setzt Lowka mit der Rahmentrommel teilende Akzente. Ansonsten zupft Lowka den Kontrabass „straight“ marschierend oder in Läufen mit harmonischen Verzierungen. So leitet er in zwei Kompositionen zur Quadro-Nuevos Goethe-Widmung „Italienische Reise vom langsamen zum schnellen Teil über. Hin und wieder greift er zum Bogen, um ihn wie in „Goasbock-Musik“ pizzicato-gleich mit Vibrato auf den Saiten hüpfen zu lassen. Jene Komposition, mit der sich Quadro Nuevo vor allem bei einem finalen Crescendo an den rumänischen Bauer Flori und seinen schwarzen Geißbock mit den glasigen Augen sowie die anschließende Schnaps-Orgie erinnert, ist eines der mitreißenden Stücke dieses an Höhepunkten reichen Konzertes. Andreas Hinterseher bietet sich dabei die Gelegenheit zu langen Soloausflügen mit dem Akkordeon, die in schnelle Tutti eingebettet sind. Zwischendurch zaubert er wehmütige Melodielinien auf dem der Melodica ähnlichen Vibrandoneon und greift beim abschließenden sanften „Aus der Stille der Nacht“ zum Bandoneon, um Lowka auf der Gitarre beim Erzählen von Transsylvanien zu begleiten. Tänzerisch beschwingt bewegen sich Harfe und Sopransaxofon bei „Bio-Paprika edelsüß“ in der ungarischen Folk-Tradition. 

Die Stimmungen und Klangfarben der Balkan-Folkore sind in fast allen Kompositionen soundprägend. Wenn Francel zur Klarinette greift, dann kann er sie wie ein Klezmer-Musiker jubilieren lassen, auf der Bassklarinette bevorzugt er akzentuierende Akkordeinwürfe zum Unterlegen der Harfensoli und „Die Reise nach Batumi“ leitet der Musiker mit einem mehrstimmigen Solo auf dem Instrument ein. Auf dem Alt- und dem Tenorsaxofon bläst er Jazz-Phrasierungen, die swingend zwischen Cool und Bebop angesiedelt sind, auf dem Sopransaxofon fasziniert er in einem scheinbar endlosen Solo mit Zirkularatmung. Einem anderen Gewürz, dem Mohn, widmet Quadro Nuevo ein sinnliches Stück, bei dem Francel das Sopransaxofon persuasiv einsetzt und mit dem Bogen zwischen den Zehen seines rechten Fußes die Psalter streicht.

Humorvoll moderieren Mulo Francel und Evelyn Huber, erzählen wortreich die Entstehung der Kompositionen und von den sie inspirierenden Abenteuer. Es sind amüsante Geschichten vom Khan-Palast auf der Krim, der Sage von Jason und dem goldenen (dann schwarzen) Vlies oder vom Gleitsegeln ihres Akkordeonisten Hinterseher auf Korsika. Humor und Spielwitz sowie die Exotik der Quadro Nuevo-Klangfarben lassen ein begeistertes Publikum zurück.

www.quadronuevo.de

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