Das rumänisch-deutsche Duo improvisiert am 3. Juni im Kaisersaal
Schwäbisch Hall. Seit zwanzig Jahren sind der rumänische Pianist Harry Tavitian und Hans Kumpf nicht mehr gemeinsam auf der Bühne gestanden. Im Rahmen einer Mitteleuropatournee Tavitians ergibt sich kurzfristig die Möglichkeit zu einem neuen improvisatorischen Treff, nämlich am Dienstag, 3. Juni, um 19.30 Uhr im Kaisersaal der Comburg, Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen.
Ende 1984 bannten Harry Tavitian, als dieser zu Besuch in Deutschland war, und Hans Kumpf im Stuttgarter Tonstudio Zuckerfabrik innerhalb von zwei Stunden genügend Material für eine Langspielplatte auf Band. Nach einer Cassettenveröffentlichung in Rumänien, wurde schließlich nach langen Jahren davon eine CD produziert. Zwei Stücke auf dem Silberling hält Kumpf für besonders interessant, nämlich den verschmitzten „Drug Ula Blues“ und die minimalistische als auch intensitätsgeladene Abschlussnummer „Open End“, welche dem Tonträger den Namen gab.
Im Beitext schrieb Harry Tavitian: „In der Zwischenzeit haben die Musiker aus Ost und West keinerlei Problem miteinander zu spielen. Unsere Musik entwickelte sich natürlich und spontan – so wie unsere Freundschaft. Als ich 1984 nach Deutschland fuhr, dachte ich, das Ceausescu-Regime würde ewig andauern. Auf meiner Heimreise hatte ich keine Hoffnung, jemals wieder den Westen zu sehen und mit Hans zu musizieren.“
Harry Tavitian (geb. 1952), der auf seine armenische Abstammung verweist, gilt in seiner Heimat als der führende Jazz-Mann. Klassik hat er gelernt, Blues interessierte ihn sodann, zum eigentlichen Jazz gelangte er relativ spät. Ein Markenzeichen von ihm bleibt, Folklore des Balkans in seine Musik kreativ zu integrieren.
1985 besuchte Hans Kumpf in den Sommerferien – als harmloser Tourist getarnt – Rumänien erstmals. Harry Tavitian organisierte dort für seinen West-Freund Konzerte u.a. in Bukarest und beim renommierten „Costinesti Festivalul de Jazz”. Ein weiterer Auftritt bei diesem Festival drei Jahre später wurde dort bereits im Oktober 1988 auf Vinyl-Platte herausgebracht – noch in der Ceaucescu-Ära.
Das „rororo-Jazz-Lexikon” zitiert den rumänischen Schriftsteller Virgil Mihaiu: „Kumpf ist ein introvertierter und gleichzeitig sensibler Altruist der modernen Jazzszene mit künstlerischem Flair und meisterhafter Ausnutzung der Klarinette für unerwartete Ausdrucksbereiche.“ Und der „Jazz Rough Guide“ ergänzt: „Seit Ewigkeiten, eigentlich schon immer, ist Hans Kumpf mit Bildern, Worten und Tönen aktiv beteiligt am wuchernden Wurzelwerk einer eigenständigen europäischen und gleichzeitig weit über engstirnige Grenzen hinausweisenden Musik, die Jazz genannt werden könnte, wäre dieser Begriff nicht schon seit Jahren irreführend besetzt.“