Pianist Bob Degen jazzte mit dem Saxophonisten Eric Plandé in Halls Hospitalkirche


Alle Photos auf dieser Seite: Hans Kumpf

Cool und hot – so präsentierte sich das Duo des amerikanischen Pianisten Bob Degen und des französischen Saxophonisten Eric Plandé in der Hospitalkirche. Zum „Jazztime“-Abend mit doch viel Ruhe und Gemütlichkeit hatten der Haller Jazzclub und das städtische Kulturbüro eingeladen. 

Schwäbisch Hall. In seiner Jahresplanung hatten Dietmar Winter und sein Jazzclub für das Konzert in der ersten Novemberhälfte eigentlich Stephan Micus. Doch die Tournee mit dem Sänger und Multiinstrumentalisten kam nicht zustande. Zwischenzeitlich wurde sogar an eine Performance der New Yorker Multi-Kulti-Truppe „Red Baraat“ gedacht. Endlich klappte es mit einem Auftritt von Bob Degen, der schon im vergangenen Jahrhundert in Hall gastierte (mit eigenem Quartett sowie dem emanzipierten Mangelsdorff-Saxophonisten Heinz Sauer) und schon lange auf der Wunschliste von Dietmar Winter stand.

Pianist Bob Degen, inzwischen 68, gehört seit vier Jahrzehnten der Frankfurter Jazzszene an. Auch der Saxophonist Eric Plandé, geboren 1964 in Marseille, fühlt sich inzwischen nördlich der Main-Metropole zuhause. Mit ihm musiziert Degen in letzter Zeit oft zusammen, ohne das „alte“ Saxophon/Piano-Duo mit Heinz Sauer, der im Dezember schon seinen 80. Geburtstag begehen kann, zu vernachlässigen.

Hier wie da bleibt Bob Degen der eher bedächtige Widerpart eines hitzigen Bläsers. Freilich, mit seinen geliebten „horn lines“ auf der Klaviertastatur erweist sich Degen als ausgesprochener Melodiker, was er noch mit seinem introvertierten Mitsingen unterstreicht. Rasende Virtuosität und polternde Rhythmik interessiert ihn weniger. Die Stücke sind allesamt ohne starres metrisches Fundament, man erfreut sich der agogischen Freiheit und Gemeinsamkeit – und legt nach einer Fermate gerne beseelt eine kurze Ruhepause ein. Weder unweigerliche Funktionsharmonik noch beißende Atonalität dominieren, sondern improvisationsbequem moderat-modale Skalen.

„Human Nature“ heißt die 2011 erschienene gemeinsame CD. Doch bei dem Titelstück handelt es sich um eine zentraltönige Eigenkomposition von Eric Plandé und nicht um den gleichnamigen „hingetupften“ Michael Jackson-Hit, den Miles Davis ja so oft in seinen Konzerten eindrucksvoll „coverte“. Im von ihm geschriebenen triolischen und dreivierteltaktigen „Labyrinthe“ bläst er das Tenorsaxophon ebenfalls energisch und mit scharfkantigem Klang. Mythologischer Zauber hingegen umgibt mit den schönen Sequenzierungen sein „Aphrodite Heart“. Bei seinem „Point Of No Return“ greift Plandé ausnahmsweise zum Sopransax, welches er wie John Coltrane mit einer arabisch näselnden Tongebung spielt – „sheets of sounds“ (Klangströme) inklusive, während vom Klavier tänzelnd Calypso-Andeutungen kommen. 

Getragene Tempi bestimmen auch Bob Degens Kompositionen wie „My May Lynn“ oder „Thoughtfulness“. Außerdem interpretierte das Duo in der Hospitalkirche auf ganz eigene Art und Weise noch Nummern von Dave Liebman, Joachim Kühn, Paul Motian und Annette Peacock. Als herbeigeklatschte Zugabe diente „L’Autre“ des französischen Kontrabassisten Jean-Paul Céléa. Und da waren, tonschöpferisch beabsichtigt oder nicht, Zitate aus dem durch Marlene Dietrich popularisierten Film-Chanson „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ herauszuhören – passend zur aktuellen Menschenbild-Ausstellung in der nahen Kunsthalle Würth. 

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