Die diesjährige Landesjazzpreisträgerin Olivia Trummer (34) spielte fulminant in der Hospitalkirche auf. Kongenial unterstützt wurde die Stuttgarter Pianistin mit Wohnsitz in Berlin von zwei Italienern.
Schon als Teenager versetzte die Mitte 1985 in Stuttgart geborene Pianistin Olivia Trummer die swingende Fachwelt in gehöriges Staunen. Professor Bernd Konrad, in dessen Jugendjazzorchester Baden-Württemberg sie mitwirkte, erklärte einst: „Olivia ist eine sensationelle Begabung, die in ihrem Alter bereits so exzellent spielt – dass man eigentlich gar nichts mehr sagen muss. Sie studiert sowohl Klassik als auch Jazz“. Und ihr Klavierlehrer Paul Schwarz an der Stuttgarter Musikhochschule sprach damals von einem „Jahrtausendtalent“. Als „leichte Vorbilder“ nannte Olivia Trummer zu Beginn ihrer Karriere Bill Evans, Chick Corea und Benny Green.
Im April 2008 trat die allseits gelobte Tastenkünstlerin mit ihrem ersten eigenen – bereits schallplattenbewährten – „schwäbischen“ Trio beim zweiten Jazz-Art-Festival in der Hospitalkirche auf. Nach wichtigen Studien in den USA und mannigfachen Performances in der ganz Welt kam sie mit ihrem neuen „italienischen“ Trio wieder nach Schwäbisch Hall. Die frischgebackene Landesjazzpreisträgerin eröffnete die aktuelle „Jazztime“-Reihe, durchgeführt vom örtlichen Jazzclub und städtischen Kulturbüro.
In dieser Besetzung feiert die umtriebige Pianistin eine internationales Premiere – zusammen mit dem vertrauten Trummer-Drummer Nicola Angelucci und jetzt Rosario Bonaccorso am Kontrabass (laut Band-Chefin „einer der legendären italienischen Jazzmusiker, die man in Deutschland leider nicht oft erleben kann“). Instrumentalist Bonaccorso agiert auch als Vokalist, gerne in seiner sommerlichen Eigenkomposition „Agosto“. Der 62-jährige Sizilianer verfügt über einen einschmeichelnden Bassbariton und erinnert an brasilianische Bossa-Nova-Musik.
Auch Olivia Trummer übt sich mittlerweile als Singer/Songwriter. Vermochte ihre Stimme mit einem zunächst glockenhellen Timbre in deutschsprachigen Liedern verschiedentlich irritieren, so hat ihr Vokalorgan inzwischen doch an Kraft und innerer Textur gewonnen. In Schwäbisch Hall setzte sie aber nur semantikfreie Scats und englische Lyrics ein, so bei den populären Balladen „You are the Sunshine of my Life“ und „Night & Day“. Auf elektronische Keyboards verzichtete bei diesem Auftritt die graziöse Tastenzauberin völlig und überzeugte mit „beflügeltem“ Spiel auf dem schwarzen Steinway.
Mit einer prägnanten Bach-Partita huldigte die in Kornwestheim aufgewachsene Künstlerin zu Beginn des Konzerts interpretatorisch und solistisch improvisierend dem genialen Barockmeister aus Eisenach/Köthen/Leipzig. Das zahlreich erschienene Publikum im profanierten Gotteshaus zeigte sich dabei erst recht begeistert. Insgesamt bestach die neu formierte Gruppierung durch reizvolle Interaktionen und ständige Kommunikation – man hat sich im traditionellen Klaviertrio-Format immer noch etwas zu sagen. Außerdem bewährte sich ein jeder zusätzlich mit gelungenen Eigenkompositionen – ein stimmiges Ganzes, keine Experimente, frei von übertriebener Kopflastigkeit.
Text und Fotografie von Hans Kumpf – Kumpfs Kolumnen