Nils Wülker Group mit „6“ in Mainz, 14. März 2010

Nils Wülker, Foto: Mümpfer 

Der 1977 in Bonn geborene Trompeter Nils Wülker hat die wilden 70er des Jazzrock nicht erlebt, doch ältere Zuhörer im Frankfurter Hof drängten sich Erinnerungen an Weather Report, den elektrifizierten Miles Davis oder Lifetime auf, an jene Zeiten, als die Jazzharmonien mit extrovertierten Rockrhythmen zum Kochen gebracht wurden. Dennoch steht der 32-jährige, klassisch ausgebildete Trompeter, der über Acid, Herbie Hancock und Miles Davis zum Jazz bekehrt wurde, in dieser Tradition und hat sie mit unbändiger Spielfreude und technisch hervorragenden Musikern mit neuem Leben erfüllt. Knallige Riffs und groovende Rhythmen reißen das Publikum beim Konzert zur Vorstellung seiner neuen CD „6“ mit. Dass er dabei auch mal als Sänger zum Mikrophon greift, begründet Nils Wülker damit, dass er „in Experimentierlaune gewesen“ sei.

Besser ist er auf jeden Fall an der Trompete und dem Flügelhorn. Der gleißende und stählerne Ton sowie die Kraft, mit der er gewaltige Dynamiksprünge wie im hypnotisierenden „Perspektive“ bewältigt, andererseits die Wärme, die er in den selteneren balladesken Passagen auf dem Flügelhorn ausstrahlt, belegen, dass er den Ruf als einer der herausragenden Jazz-Trompeter der jüngeren Generation zu Recht genießt. Was seine Kompositionen und das Spiel der Wülker Group bei aller Traditionalität eigenständig wirken lässt, ist der süffige Sound, den er gemeinsam mit dem Altsaxophonisten Jan von Klewitz über den mal wabernden, mal flirrenden Klangteppich legt, den der Pianist Lars Duppler mit Fender Rhodes und Moog-Synthi webt und der von dem Gitarristen Arne Jansen abgerundet wird. In Erinnerung bleibt ein Solo auf dem – leider völlig übersteuerten Flügel – , bei dem Duppler Akkordblöcke auftürmte und Jansen diese mit gleißenden Glissandi auf der Gitarre einebnete.


Nils Wülker und Jan von Klewitz, Foto: Mümpfer

Gewiss, die Kompositionen sind vor allem auf die technisch bestechenden und musikalisch phantasievollen Soli in der Melodiestimme des Bandleaders ausgerichtet, der Gruppensound jedoch wird über weite Teile auch von den Duos des Trompeters mit dem Saxophonisten geprägt. Von Klewitz seinerseits zeigt sich durchaus ebenbürtig in seinen Soli, die selbst in den expressivsten Stakkato-Läufen kantabel bleiben.

Die Vorliebe für den ständigen Wechsel zwischen melodielastigen Unisono- und zweistimmigen Bläserriffs ist eines der Merkmale der Wülker-Arrangements. Einmal entwickelt sich zwar aus einem Ruf-Antwortspiel der beiden Bläser ein regelrechtes Duell, meist jedoch blasen sie in parallelen Linien. Getrieben wird das Spiel von den stupenden Schlägen des Drummers Jens Dohle und den stützenden Griffen von Edward MacLean auf dem fünfsaitigen Bass. Länger als zwei Stunden groovt, funkt und rockt die Band in einer vibrierenden Mischung aus Kraft und Leichtigkeit – wie die CD-PR zu Recht formuliert. Mit der langsamen Ballade „Glow“ als zweite Zugabe verabschieden sich Nils Wülker und seine Groove-Group schließlich von den begeisterten Zuhörern.

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