Moderner Jazz mit Unterhaltungswert in der Hospitalkirche
Mal wieder eine Sängerin mit Männer-Band in der längst säkularisierten Hospitalkirche von Schwäbisch Hall. Jazzclub und Kulturbüro luden nun Johanna Schneider zu einem unterhaltsamen Abend in der Reihe „Jazztime“ ein.
.Keine Experimente, solider moderner Jazz. Dem Publikum in der gut gefüllten Hospitalkirche gefiel’s erneut. Waren beim letzten Konzert mit Christian Muthspiel und Steve Swallow renommierte Weltstars in Schwäbisch Hall zu Gast, so ist Johanna Schneider. Die aus Bamberg stammende und nun in Essen wohnende Sängerin präsentierte ihre wohlgefällige Debüt-CD „Pridetime“. Auf dieser wirkte auf zwei Nummern auch Ack van Rooyen (85) mit, dessen markante Flügelhornstimme man zumindest durch Hits von Bert Kaempfert kennt. Und der Niederländer äußerte sich auf Anfrage sehr positiv über die 28-Jährige: „A very nice talented girl with good taste“.
Johanna Schneider verfügt über eine angenehme Mezzosopranstimme, phrasiert jazzvital und kreiert auch komplexe eigene Stücke und geht sichtlich total in der Musik auf. „So wild scatten“, wie es in der Vorankündigung marktschreierisch hieß, tut sie allerdings nicht. Nur in ihrer Eigenkomposition „Mondgesang“, das auf einem Gedicht ihrer Mutter Susanne Schneider („Ich stehe am Fenster und schau in die Nacht…“) basiert, integrierte sie ein paar wenige Takte mit aufregenden Scat-Vokalisen. Ansonsten setzte sie ihr Organ quasi instrumental ein, wenn sie mit einem Partner bei Liedern ohne Worte das Thema unisono vortrug. Man erlebte in der Hospitalkirche beispielsweise die baden-württembergischen Vokalistinnen Anne Czichowsky und Barbara Bürkle, die das Improvisieren als natürliche Selbstverständlichkeit ansehen.
Soloimprovisationen überließ die Bandleiterin lieber den vier Männern der aktuellen Formation, allen voran dem Tenorsaxophonisten Rick Margitza (Jahrgang 1961). Der Amerikaner – er stammt übrigens von slowakischen Roma ab – ist ein absoluter Routinier und Profi, unüberhörbar geprägt vom Bostoner Berklee-College und von Michael Brecker. Als veritabler Solist und als aufmerksamer Begleiter erwies sich Tizian Jost am Steinway-Flügel. Kongenial agierten zudem Andreas Kurz am Kontrabass und der Schlagzeuger Bastian Jütte, der auch noch mit afrikanischen und brasilianischen Rhythmen aufwartete.
Die von den knapp einhundert Zuhörern erklatschte Zugabe „Since I Fell For You“ (des Pianisten Buddy Johnson) fing zwar in einer schummrigen Nachtclubatmosphäre an, entwickelte sich dann aber doch zu einem heftigen Reißer.