Jazz-Streaming
Jeder Jazzliebhaber, der nicht nur in Mainstreamkonzerte geht, kennt das: leere Konzerte. Ich kann mich an ein Konzert erinnern, bei dem ich der einzige zahlende Zuschauer war, als weiterer Zuhörer ein Lokaljournalist – der über das Konzert tatsächlich geschrieben hat – und ein zwei, drei Leute vom Veranstalter. Selbst solche Konzerte können ihren eigenen Reiz haben, und tatsächlich waren dabei sogar großartige Veranstaltungen. In Coronazeiten gibt’s solche Situationen ebenso, als Streaming, nur manchmal schlimmer und dann doch deprimierend. Fantastische Musik aus der Hauptstadt, keine unbekannten Musiker und in einer in Coronazeiten etablierten Reihe: sechs Zuschauer. Zwischendurch mal vier. Von einem Förderprogramm der Bundesregierung unterstützt.
Das gleiche Konzert, veranstaltet von einem Jazzclub vor Corona hätte zwischen fünf und zehn Mal so viele Besucher. Und das ohne aufwendige Organisation von Streamingtechnik, stattdessen mit Getränke- und Tonträgerverkauf. Da stellt sich fast die Frage, ob die Förderung des Streamings nicht eher Sterbehilfe als eine nachhaltige Förderung für Musikerinnen und Musiker ist. Genug der trüben Gedanken: es gibt auch positive Gegenbeispiele. Auf lokaler Ebene mit entsprechender medialer Begleitung klappt es gelegentlich durchaus mit einigen hundert Zusehern und -hörern. Und Bands die im richtigen „Live-Leben“ überdurchschnittlich viele Zuschauer ziehen, die schaffen es meist auch online.
Kosmostage
Viele Interessenten haben beispielsweise die aktuellen Komsmostage des Andromeda Mega Express Orchestra verdient. Unter dem Motto Interstellar Waggle Crush laufen die vom 27. bis 29. April. Zu erleben auf auf www.berta.berlin oder der Website des AMEO www.andromedameo.com live und ab dem 30. April 2021 als einzelne Konzerte online.
Sämtliche Performances stehen im Zeichen der Schwarmästhetik – daher das Festivalmotto „Interstellar Waggle Crush“. Im Verlauf des Festivals werden die 18 Musikerinnen und Musiker ausschwärmen, in neuen Konstellationen zusammenfinden und sich verschiedensten Herausforderungen stellen. Die Grafik wie immer vom fantastischen Henning Wagenbreth. Das Titelbild dieses Jazzsplitters zeigt das AMEO live on stage im Jahr 2017 bei Jazz & The City in Salzburg.
Enjoy Jazz zum International Jazz Day am 30.4.2021
Und auch zum Internationalen Jazztage dürfte die Streaminggemeinde zahlreich zusammenkommen. Aus der Alten Feuerwache Mannheim veranstaltet das Enjoy Jazz Festival für und mit der regionalen Jazzszene der Metropolregion Rhein-Neckar ein Solidaritätskonzert. Zusätzlich zur garantierten Festgage erhalten die Künstler die Erlöse dieses Konzerts, die über den Verkauf von Tickets an Zuschauer des Konzerts organisiert wird.
Der Stream kann am 30. April ab 20 Uhr über die Kanäle des Enjoy Jazz Festivals auf Facebook und YouTube abgerufen werden. Dort wird auch der Spendenlink zum Konzert veröffentlicht. Neben der Sängerin Jutta Glaser gestalten der Bassist Matthias TC Debus, der Gitarrist Claus Boesser-Ferrari, der Organist Jo Bartmes, der Oud-Spieler Fadhel Boubaker, die Saxophonistin Alexandra Lehmler und Lömsch Lehmann ebenso Saxophon sowie der Schlagzeuger Erwin Ditzner und der Pianist Appolonio Maiello den Konzertabend zum Internationalen Jazztag.
Vor, während und nach der Veranstaltung haben die Zuschauenden die Möglichkeit, online freiwillig einen selbst gewählten Betrag zu entrichten, der den teilnehmenden Musikern in voller Höhe zu Gute kommt.
Links:
https://www.youtube.com/user/enjoyjazzfestival
https://de-de.facebook.com/enjoyjazz
Eine Frau wird’s auf jeden Fall
…denn die alternierende Vergabe des Albert-Mangelsdorff-Preises an Männlein und Weiblein wurde 2018 festgelegt. Dabei bräuchte es das nicht: der kompetent besetzten diesjährigen Jury wäre durchaus zuzutrauen rein nach Klasse der Musiker den Preis zu vergeben. Ernsthafte Frage: wie werden sich als queer definierende Menschen berücksichtigt?
In der diesjährigen Jury stimmen ab: Nikolaus Neuser (Vorsitz), Nadin Deventer, Ralf Weigand, Eva Garthe, Arndt Weidler, Mauretta Heinzelmann und Nils Wogram. Ungewöhnlich für eine Pressemeldung der UDJ sind unter 10 Gendersternchen in der E-Mail – vielleicht habe ich mich verzählt. Immerhin: fünf davon in einem Satz.
Der Preis wird im Herbst, im Rahmen des Jazzfest Berlin vergeben.