Jazzpreisträgerin Alexandra Lehmler spielte in der Hospitalkirche

Alexandra Lehmler Quintett - Photo: Kumpf
Text und Photos: Hans Kumpf 

Mit Sounds, Latin und Rock

Alljährlich werden in Hall die aktuellen Jazzpreisträger des Landes Baden-Württemberg präsentiert. Jetzt war bei der konzertierten Aktion von Jazzclub und Kulturbüro die mittlerweile in Mannheim wohnende Saxophonistin Alexandra Lehmler an der Reihe.

Schwäbisch Hall. Das Veranstalterteam konnte sich in der Hospitalkirche über ein volles Haus freuen.  Das Haller Jazzpublikum ist stets neugierig auf die „ausgezeichneten“ Newcomer.

Alexandra Lehmler wurde 1979 im rheinland-pfälzischen  Bad Ems (Lahn) geboren und studierte dann in der Mannheimer Musikhochschule. Wie etliche andere der mit jeweils 15 000 Euro bedachten Jazzpreisträger des Südweststaats spielte sie zunächst in Bernd Konrads Jugendjazzorchester  Baden-Württemberg, um dann ins nationale „BuJazzO“ von Peter Herbolzheimer aufzusteigen.

Exakt einen Tag nach dem 200. Geburtstag des Belgiers Adolphe Sax, der – ausgehend von der Klarinette – das konisch geformte blecherne Blasinstrument erfand (welches ja zunächst mal vom Vatikan und dann von Stalin verboten wurde), jazzte die Saxophonistin „unplugged“ in der säkularisierten Hospitalkirche. Alexandra Lehmler brachte drei Instrumente mit: Sopran, Alt und Bariton.

Auf dem Sopransax erinnerte sie näselnd-arabisierend mitunter an John Coltrane, das Altsaxophon blies sie gerne quasi „klassisch rein“ wie auch Paul Desmond („Take Five“), einen ziemlich schlanken Ton entwickelte die 35-Jährige auf dem sonst knorrigen Baritonsaxophon.

Alexandra Lehmler Quintett - Photo: Kumpf

Instrumental unterstützt wurde Alexandra Lehmler durch ihr Quintett in echtem Gruppen-Feeling. Dabei waren gleich zwei dezent agierende Schlagwerker: Max Mahlert am konventionellen Drumset und der Perkussionist Rodrigo Villalon harmonierten bestens. Keyboarder Oliver Maas griff elegant in die 88 Flügel-Tasten und ließ auf seinem Fender-Rhodes-Piano kratzbürstig sowie quengelnd Rockiges erklingen.

Besonders variabel und experimentierfreudig zeigte sich der Kontrabassist Matthias Debus. Der Ehemann der Bandleaderin steuerte auch interessante Kompositionen bei. Sein „Weltuntergang“ lässt im schnellen Wechsel Vierviertelakt, Dreivierteltakt und Fünfvierteltakt folgen. Schlagzeuger Mahlert streicht mit dem Bogen hochquietschend ein Becken, Pianist Maas greift gruselig in das Innere des Flügels, bevor er zu lieblichen Arpeggien ansetzt. Debus schlägt perkussiv auf die vier Basssaiten, ehe er melodiös wird und – wie weiland Slam Stewart – zu seinen Instrumententönen unisono singt. Alsbald betätigt sich das ganze Quintett wortlos vokalistisch. Friedlich der Schluss in klarem Metrum und Alexandra Lehmler auf dem grazil geblasenen Altsaxophon.

Alexandra Lehmler Quintett - Photo: Kumpf

Sein „Choral“ betiteltes neues Opus klingt wenig nach Kirche. Zu Beginn demonstriert Matthias Debus (auch visuell) reizvolle Kontrabassspieltechniken der Zeitgenössischen Musik – seine Instrumentalkollegen Wolfgang Güttler und Fernando Grillo hätten garantiert ihre Freude daran gehabt. Am Schluss dann doch mehr Anklänge an angelsächsische Folklore als an mitteleuropäische Klerikalmusikkultur.

Insgesamt ein kurzweiliges Konzert, das zudem nicht mit Latin-Rhythmen und tänzelndem Gestus geizte.

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