JazzNights im Hegelsaal: Shakti

John McLaughlins neuer Indien-Trip 
mit Rock-Dominanz

STUTTGART. Der britische Gitarrist John McLaughlin hat die Jazzgeschichte nicht nur im alten Europa, sondern auch in der Neuen Welt (dort beispielsweise mit Miles Davis) gemacht. Dabei kam eine gute Portion Indien ins Spiel. Legendär bleibt sein 1971 gegründetes rockendes Mahavishnu Orchestra. Nach einer Schulung bei dem Sitar-Virtuosen Ravi Shankar formierte er 1975 die akustisch operierende Band namens Shakti. Eine Reinkarnation dieses erfolgreichen Projekts erlebten nun die Besucher der Veranstaltungsreihe JazzNights im Stuttgarter Hegelsaal.

Inzwischen ist John McLaughlin 61 Jahre und in Ehren ergraut. Die schnellfingrige Virtuosität des Saitenkünstlers fasziniert immer noch. Allerdings ist die Neuauflage seines legendären Weltmusik-Ensembles nun unüberhörbar abhängig von der Steckdose – und ein Laptop, durch den die Gitarrenklänge digital verarbeitet werden können, steht McLaughlin jetzt zur Seite. Das Quartett hockt da im Schneidersitz, eingehüllt in gedämpftes Rotlicht. Auch die Mandoline des gleichfalls rasant zupfenden U. Shrinivas wurde elektrifiziert und kann zuweilen wie eine Sitar die Töne anschleifen. An den Flanken McLaughlins langjähriger Spielgefährte Zakir Hussain an den Tabla-Trommeln sowie V. Selvaganesh an altehrwürdigen und effektvollen Schlaginstrumenten wie Ghatam (ein offener, bauchiger Tonkrug), die südindische Mridangam-Trommel und die einem Tamburin ähnliche Kanjira.

Bei ihrem Stuttgarter Konzert demonstrierten die beiden Perkussionisten in der Schlussnummer wahnwitzige Akrobatik. Basierend auf dem indischen Tala-Prinzip, nach dem – wie in höherer Mathematik – variable Metren in Sequenzen geordnet werden. Lustvoll kreierten sie kunstfertige Solo-Beiträge von jeweils mehrminütiger Dauer. Atemberaubend hierbei die Energie und die Exaktheit.

Meditative Stille in Räucherstäbchenromantik – die gab es bei dieser Shakti-Ausgabe ganz und gar nicht. Man folgte nicht Ragas, die in aller Ruhe und subtiler Konsequenz die Musik zu einem intensitätsvollem Höhepunkt führen vermögen. Dagegen wurde die Musik deutlich in Parts abgetrennt, und westlicher Rock dominierte vor indischer Kultur.

Sorgfältig einstudiert waren die einzelnen Stücke gewiss: der schnelle Opener „Luki“, „Finding The Way“ mit dem interessanten Wechselspiel von Gitarre und Mandoline oder das fünfvierteltaktige „Five Peace Band“ mit den präzisen Rhythmik-Vokalisen der beiden Schlagwerker.

Tatkräftiger Rock stand neben etwas kitschigen Phasen, wobei die eingestreuten Zitate von Henry Mancinis „Pink Panther“ und von Gioachino Rossinis „Wilhelm Tell“ erheiternd wirkten aber deplaziert erschienen. Derartige Publikumsanmache haben der smarte Brite und die drei urmusikalischen Asiaten wirklich nicht nötig.

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