Nach fünf Alben mit dem Schwerpunkt Jazz und Hip-Hop war dem Gründer, Produzenten und Bassisten der Jazzkantine, Christian Eitner, die Entscheidung leicht gefallen: Statt Rapper holte sich die Truppe aus Braunschweig Soul- und Jazz-Singer und nannte die neue CD „Futter für die Seele“. Das Mainzer Konzert im Frankfurter Hof stand zwar unter dem Motto der neuen Silberscheibe, doch Edo Zanki fehlte und die beiden Stamm-Rapper Cappuccino und Tachiles standen wieder in der Frontline. Dem Publikum war dies gerade recht. Die altbewährte Mischung aus Jazz, Rock, Funk, Hip-Hop, Rap, Soul und Gott-weiß-was-noch hielt die Fans länger als zwei Stunden in steter Bewegung und ausgelassener Partystimmung. In diesem Zusammentreffen von musikalischem Vermögen, engagierten Texten und temperamentvoller Bühnenschau ist die Jazzkantine in Deutschland bislang konkurrenzlos.
Welchem Menu auf der reichhaltigen Speisekarte der Kantine man den Vorzug gibt, ist Geschmackssache. Sind es die rappenden Bekenntnisse der Liebesabenteuer von Tachiles, die erfrischenden Reim-Improvisationen zum Thema Mainz und Frankfurter Hof des zweiten Rappers Cappuccino, die gesanglichen Berg- und Talfahrten des Duos, die gescatteten Jazzvokalisen von Sam Leigh Brown zu den swingenden Bebop-Phrasen des Saxophonisten George Bishop oder die innovative Neufassung des Klassikers „Take Five“ mit den growlenden, sonoren Tenorsounds sowie den expressiv überblasenen Höhen, den rockenden Fusion-Zwischenspielen von Schlagzeuger Dirk Erchinger, Gitarrist Tom Bennecke, Bassist Eitner und Keyboarder Jan Heie Erchinger sowie den gescratchen Breaks von DJ Airknee vor dem ausgedehnten Keyboard-Solo? In der Jazzkantine werden die Gerichte für jeden Geschmack „heiß und fettig“ (wie der Titel einer früheren CD), aber auch zum Verbrennen scharf angerichtet – von wenige faden Längen im Rap-Eintopf abgesehen.
Das Publikum begrüßt die bekannten Kompositionen mit Entzückensschreien und rauschendem Beifall. Das Schnellschwätzer-Duo zollte sich gegenseitig „Respect“, bevor der Song nahtlos in Saxophon- und Keyboard-Variationen übergeht. Umjubelt leisten sich Saxophonist und DJ einen ausgedehnten edlen Wettstreit von Bebop-Phrasen und gescratchten Vinyl-Versatzstücken.
Zur finalen Session holt sich die Jazzkantine vor einer Einlage ihres DJ Airknee die Soul-Sängerin Charlemaine auf die Bühne, interpretiert mit drivendem Groove eine Fahrt auf der „Route 66“ und bekennt schließlich „I feel good“.
Die farbige Sängerin Charlemaine hatte im Vorprogramm die große Fangemeinde im Frankfurter Hof mit expressivem Soulgesang gefesselt. Ihre kraftvolle und ausdrucksstarke Stimme steht dem offensichtlichen Vorbild Tina Turner nicht nach. „Out in the rain“ singt sie vor heulenden Glissandi der Gitarre von Mick Woll und der verzerrten Basslinie von Markus Kössler. Hart treibt Drummer Flo Dauner das Quartett – zu dem noch Keyboarder Reiner Scheithauer gehört – vor sich her. In einem Instrumental beweist die Band mit einer nahtlosen Überleitung zu Double-Time-Spiel Präzision. In dem manchmal verschwimmenden Soundbrei bleibt die soulgetränkte Röhre von Charlemaine dominant. „Just a little bit longer“ war sicher nicht nur der Titel eines ihrer Songs, sondern auch der vielfache Wunsch ihrer Freunde.