Die New Yorker exquisite Fusion-Band „Hazmat Modine“ überzeugte bei der Jazztime-Reihe in Schwäbisch Hall durch Originalität. In der mittig unbestuhlten Hospitalkirche durfte getanzt werden.
Auf ihrer wegen Corona schon zwei Mal verschobenen Europatournee machte die nunmehr zum Sextett geschrumpfte Gruppe „Hazmat Modine“ zwischen Prag und Erlangen Station in Schwäbisch Hall. Der Jazzclub und das Kulturbüro hatte das seit 1998 bestehende amerikanische Kult-Ensemble in die Hospitalkirche eingeladen.
Cleverer Kopf der mit wechselnden Besetzungen auftretenden Combo ist Wade Schumann, der primär ein Sortiment von diatonischen Mundharmonikas von unterschiedlichen Tonarten virtuos bedient. Die unscheinbaren Instrumente kombiniert er teilweise mit Schalltrichtern, damit der plastische Ton geradewegs ins Standmikrofon gelangen kann. Außerdem greift der 61-Jährige zuweilen zur unorthodoxen Lautengitarre.
Aber vor allem ist der gewiefte Entertainer noch gerne mit seiner Baritonstimme raukehlig shoutend aktiv. Dagegen kann der zupackende Gitarrist Erik Della Penna mit amerikanischen Folk-Jodlern aufwarten. Über ein anmutiges Mezzosopran-Timbre verfügt die eigentliche Geigerin Daisy Castro, die instrumental und elektrifiziert an Sugar Cane Harris und Jean-Luc Ponty erinnern mag.
Schon 1938 ließ Bob Haggert in einem lustigen Duo bei „Big Noise from Winnetka“ den Schlagzeuger Ray Bauduc mit den Stöcken auf „seine“ Saiten trommeln, während er linkshändig für die Tonhöhen zuständig zeichnete. Diese Art von Show-Act praktizierte nun Drummer Patrick Simard auf dem grazilen Viersaiter des jüngsten Bandmitglieds. Von allen Genannten konnte man auch immer wieder intonationsreinen Chorgesang hören.
Der Senior, nicht zu übersehen und unüberhörbar, war der Tubist Joseph Daley mit seinem riesig-runden Sousafon. Der Tiefstblechbläser vom Jahrgang 1949 wirkte ja schon in Charlie Hadens historisch wichtigem „Music Liberation Orchestra“ mit und fühlte sich nun auch in der aktuellen Umgebung wohl. Steve Elson beschränkte sich in Hall weitgehend auf das Tenorsaxofon, welches er emotional gekonnt über alle Register hinweg auskostete und auch Free Jazz nicht verschmähte.
„Hazmat Modine“ präsentierte „live“ vor allem Titel ihres neuen Tonträgers „Bonfire“. Da gibt es Bluesiges bei „Too Fat to Fly“ und „Late at Night“, Country bei „Walk it off“ und „Sharpening Knives“, Klezmer bei „Delilah’s Lement“…
Zurück zu den Wurzeln mit einer ordentlichen Portion Rhythm’n’Blues und kräftigem Rock – ein Mix von diversen Kulturen der Welt, harmonisch vereint. Stimmige Arrangements und interaktivfreudige Improvisation sorgten ferner für eine Unterhaltung mit Niveau.
Fachkundige Stimme aus dem Publikum (Hans Skaritzky vom Duo „Stage“): „Wade Schuman ist ein Extremist des Mundharmonikaspiels. Er entlockt dem kleinen Instrument tiefe Töne, die an eine Kirchenorgel erinnern. Dazwischen hört man hohe Tonfolgen, welche dem Gejaule von Hunden ähneln. Perkussive Klänge empfindet man, als höre man einen Zug. Seine bluesigen und schnellen Mouthharpsoli sind vom Feinsten.“
Hans Kumpf war mit der Kamera dabei.